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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Schmidt, Wilhelm: Albrecht Dürer in Basel und Venedig
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0276

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539

Albrecht Dürer in Basel und Venedig.

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Pfingsten aber weilt Dürer bereits wieder in seiner
Vaterstadt.

Burckhardt entrollt uns also eine ganz über-
raschende Perspektive. Wir sehen den in Dürer
nachwirkenden, in obigen Illustrationen sehr kennt-
lichen Einfluss Martin Schongauers und gewahren
eine Fülle von Jugendarbeiten des Künstlers, seine
früheste Thätigkeit wird förmlich von elektrischem
Lichte erhellt. Der Ankündigung Burckhardts, dass
er ein genaues Verzeichnis der in Basel entstandenen
Werke des großen Nürnbergers geben wolle, sehen
wir mit Spannung entgegen.

den Kern der Sache, die ausgezeichnete Beweisfüh-
rung, nicht. Anders aber steht es mit der Frage,
hat Dürer damals schon Italien besucht? Hier weichen
wir von dem Verfasser gänzlich ab. Allerdings ist
sein Nachweis gelungen, dass Albrecht in seinen
Wanderjahren 1490—1494 nicht in Welschland ge-
wesen sein könne: die Zeit in Kolmar, Basel und
Straßburg von 1492—1494 scheint vollkommen aus-
gefüllt, und in den Baseler Arbeiten wird nichts von
italienischem Einflüsse sichtbar, der sich sonst unbe-
dingt kundgeben musste.

Burckhardt bemüht sich nun, die Beweise für

Mutmaßliches Kopfstück zu „Andria": Terenz dichtend. Zeichnung von Albrecht DÜrek.

Bis hierher können wir dem Verfasser nur unsere
Zustimmung geben. Wir hätten bloß einige Kleinig-
keiten zu beanstanden. So erscheint uns die Feder-
zeichnung der Albertina, Darstellung Christi, nur
als Kopie nach M. Schongauer, die Jakobsschlacht
weicht in der Technik doch zu sehr von Ludwigs
beglaubigten Stichen ab, um nicht ohne die aller-
zwingendsten Gründe für dessen Arbeit gehalten zu
werden, und in der Beurteilung der einzelnen Illu-
strationen scheint Burckhardt hier und da doch zu
kritisch gegen Dürer zu entscheiden, so bezweifelt
er z. B. die Urheberschaft Dürers bei den Illustra-
tionen zu Andria Akt V, Szene 5, zu dem Eunuch
Akt V, Szene 1, Akt V, Szene' 10 etc., was wir,
allerdings bloß nach den Lichtdrucken urteilend,
nicht finden können. Allein diese Dinge berühren

den ersten Aufenthalt in Venedig aus der Welt zu
schaffen, es gelingt ihm dies aber nur durch die ge
wagtesten Annahmen. Unser trefflicher Forscher stand
eben noch unter dem Banne der zum Dogma ge-
wordenen Meinung, dass Albrecht nach Beendigung
seiner Wanderjahre bis 1505 Nürnberg nicht mehr
auf längere Zeit verlassen haben könne, und da er
nun mit Recht darthun konnte, dass zwischen 1490
—1494 ein italienischer Aufenthalt nicht möglich
sei, strich er ihn überhaupt. Es existirt aber kein
vernünftiger Grund dagegen, dass Dürer sich Ende
1494, nachdem er seinen Hausstand gegründet, auch
noch ,die welsche Kunst ansehen wollte, und wenn
man mit Burckhardt entgegnet, dass Dürer in seiner
Familienchronik nichts von einer ersten Reise er-
wähnt, so erwähnt er darin die zweite und die nieder-
 
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