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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Frimmel, Theodor von: Ein Werk des Gillis van Coninxloo in der Grazer Galerie
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0300

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587

Ein Werk des Gillis van Coninxloo in der Grazer Galerie.

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deutsches weibliches Bildnis der Margarethe Maul-
tasch (nach dem Typus, wie er in Versailles ver-
treten ist), einen monogrammirten Bles (gutes Breit-
bild mit dem Heranzug Christi gegen Jerusalem).
Nicht zu übersehen sind zwei Oranachsche Werk-
stattbilder u. z. eine Sünderin vor Christo und eine
Lucretia, sowie ein kleines männliches Bildnis von

einem Monogrammisten aus dem Jahre 1587

(? Joh. Neil?). Unter den Späteren seien zwei
mythologische Bildchen von J. G. Platzer und ein
Stillleben in der Art des Lautier genannt. So viele
Buthards, wie hier, findet man selten in einer Samm-
lung vereinigt. Vieles steht aufgeschichtet. Was
mag in diesen Stößen noch versteckt sein?

Einige interessante Bilder hat man auch bei
Frau Baronin Julie von Benedeck zu suchen: wieder
einen Bles (Landschaft mit Eisenhütten; sehr verwandt
mit dem Breitbildchen in der Liechtensteingalerie,
das Scheibler richtig getauft hat). Eine Seltenheit
sind die beiden Architekturbildchen von „SAEYS,"
einem gar nicht studirten talentvollen Maler, über
den man einige Auskünfte in den Nachträgen zu
Füssli's großem Lexikon findet *). Eine baumreiche
Landschaft mit Satyrn von Moses v. Uytenbroeck ist
ein hübsches Breitbildchen (queroval). Gute Ham-
miltons und viele moderne Bilder schließen sich an.

Herr Dr. Schüler besitzt ebenfalls vorzügliche
moderne Gemälde und mehreresehr hübscheHolländer.
Der kleine Alb. Ouyp (flache Gegend, kleines Breit-
bild; bez.) ist ganz vortrefflich. M. v. Ilellemont und
Brackenburg sind zu nennen. Von Bedeutung ist
Toorenvliets Familienbild mit dem Eigenbildnis des
Malers.

Die Sammlung Sailler enthält eine Reihe guter
moderner Gemälde, die dem Grazer Museum vermacht
sind, und so müsste ich wohl noch manches ver-
zeichnen 2), wollte ich heute nicht ein ganz besonders
interessantes Bild beschreiben, das vor einiger Zeit
für die Landesgalerie angekauft worden ist. Wir
haben einen monogrammirten und datirten Gillis
van Coninxloo vor uns, also eine Seltenheit. Erst seit
wenigen Jahren beginnt man, sich wieder die Be-
deutung des Mannes für die Geschichte der nieder-

1) Tn der alten Wiener Schönborngalerie von 174G
waren mehrere Arehitekturbilder von diesem Saeys vorhanden.

2) Nach Angabe des „Handbuches der Kunstpflege in
Österreich" besitzt auch Dr. Th. Hausotter eine beachtens-
werte Sammlung.

ländischen Landschaftsmalerei klar zu machen. N. de
Roever, Bredius, Woermann, Sponsel leiteten auf neue
Pfade '). Man weiß heute, dass jedes Werk des Gillis
van Coninxloo für die Kunstgeschichte eine gewisse
Bedeutung hat. Deshalb wird hier das Grazer
Bildchen beschrieben, dem ich anfangs Mai des lau-
fenden Jahres seinen zweifellos richtigen Namen geben
konnte. Eine waldige Gegend mit einer Hirschjagd
ist dargestellt. Der Künstler gewährt uns den Ein-
blick in einen helldunklen Waldweg, der im Mittel-
grunde fast gerade nach rückwärts verläuft. Auf die
Mitte fällt ein Sonnenblick. Dort ein springender
Hirsch. Auf dem Wege vorn links kommen eilends
ein Jägerbursche und zwei Hunde heran. (Der hell-
braune Junge trägt einen roten Hut, blaugrüne
Kniehosen und blaugraue Jacke.) Rechts neben einer
dicken Eiche klettert ein anderer Bursche empor
(blaugrüne Mütze, zinnoberrote Jacke, hellbraune
Kniehosen). Noch weiter rechts kommt aus dem
Walde ein Jäger herab (blaugrüner Hut, braunes
Wams, helle, fast weiße Beinkleider). Im dunklen
Mittelgrunde links Bauernhäuser und mehrere Figuren.
Ganz links in der Ferne ein Berg und zum Teil be-
wölkter Himmel darüber. Das Erdreich im Vorder-
grund ist in einem sehr warmen gelbbraunen Ton
gehalten und durch naturalistische Blattpflanzen,
Kräuter und Blüten in der reizvollsten Weise belebt.
Das Gras sieht wie gekämmt aus. Der Mittelgrund
ist in jenes gedämpfte Grün getaucht, das den großen
Ruisdael schon ahnen lässt. Gute Luftperspektive
(Eichenholz 0,52 x 0,48, Hochbildchen).

Das Monogramm und die Jahreszahl 1G0O

darunter stehen links unten. Bei der Lesung der
Jahreszahl kann kaum von 1606, gar nicht von
1609 die Rede sein, obwohl die zweite Null nicht
vollkommen deutlich ist. Denn das Bild passt in
seinem Stil so prächtig zwischen die zwei datirten
Gemälde der fürstlich Liechtensteinschen Galerie von
1598 und 1604 hinein, dass man mit der Lesung 1600
jedenfalls am sichersten geht. 1609 war der Künstler
schon tot. Das Grazer Bild nähert sich bereits dem
breiten letzten flüssigen Stil, der in dem großen
Breitbild von 1604 der Liechtensteingalerie sehr
deutlich ausgeprägt ist. Ob das Bild einem der
Stiche entspricht, die man nach Landschaften von
Coninxloo kennt, habe ich nicht ermittelt. Im

1) Vergl. hauptsächlich „Oud Holland" III. Bd. (1885)
und Jahrb. d. kgl. pr. Kunstsammlungen X. Bd. (1889).
 
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