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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

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Münchener Eindrücke
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https://doi.org/10.11588/diglit.5367#0007

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HERAUSGEBER:

CARL von LÜTZOW und Dr. A. ROSENBERG

WIEN

Heugasse 58.

BERLIN SW.
Teltowerstrasse 17.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. lp. Berlin: W, EL KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. IV. Jahrgang.

1892/93.

Nr. 1. 13. Oktober.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Ver-
lagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

münchener eindrücke.

Ohne den Meteorologen spielen zu wollen, darf
man getrost behaupten, dass unter der allgemeinen
Depression, welche auf unserem Ausstellungswesen
lastet, auch der Münchener „Salon" bereits zu leiden
beginnt. Er ist nicht mehr, was er vor vier Jahren
war, ein Rendezvous der internationalen Kunst. Nur
wenige Schulen sind dieses Mal in geschlossener
Phalanx vertreten. Das Ganze wird mehr und mehr
zu einem bunten Gemisch interessanter Zufälligkeiten.

Bekanntlich ist in der Münchener Künstlerschaft
ein heftiger Meinungskampf über die Aufgabe der
jährlichen Ausstellungen entbrannt. Es handelt sich
dabei im wesentlichen um die Frage, ob man dem
Nationalen oder dem Internationalen den Vortritt
geben soll. Wir glauben und hoffen, dass dem
ersteren der Sieg bleiben wird. Denn ohne feste Wur-
zeln im heimischen Boden kennen wir keine Blüte der
Kunst und keinerlei Segen in unserem Ausstellungs-
wesen. Wenn Frankreich eine Ausstellung veran-
staltet, heiße sie nun „Salon" oder „Exposition uni-
verselle" oder wie immer: den Hauptnachdruck legt
es allemal auf die Glorifikation der heimischen Kunst.
Je mehr Gäste geladen werden, der Wirt setzt stets
seinen höchsten Stolz darein, durch das Fest, das er
giebt, den Glanz seines Hauses zu steigern, der Welt
seine Stärke zu zeigen. Bei uns läuft die Sache nur
zu häufig auf das Gegenteil hinaug Wir sind immer

gen"gt' das Fremde als das Bessere anzupreisen und

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machen davon.

Die einzige Schule, die sich von der modernen
internationalen Strömung fast gänzlich unberührt
zeigt, ist die österreichische oder vielmehr die Wiener
Schule. Sie entbehrt vielleicht dadurch jenes prickeln-
den Reizes der übrigen Abteilungen und wird von den
Extremen der jüngsten Richtung über die Achsel
angesehen. Aber dem ruhigen Beobachter gewährt
sie den Anblick fröhlicher Gesundheit und einer trotz
aller Harmonie im ganzen doch sehr bemerkbaren
Mannigfaltigkeit der Talente und Bestrebungen. Die
Palme gebührt den Landschaftern und vor allen dem
so jäh dahingerafften Jakob Emil Schindler, der sein
reiches Können hier noch einmal im vollen Glanz
entfaltet hat.

An der Münchener Schule ist ein erfreuliches
Emporblühen der Plastik rühmend hervorzuheben.
Ein so stattliches Reiterdenkmal ist in Deutschland
lange nicht entstanden, wie die für Landshut in der
Pfalz bestimmte Reiterstatue des Prinzregenten
Luitpold von W. v. Rihnann. Würdevoll und schön
bewegt, von gelungener Porträtähnlichkeit, erhält
die Figur durch die geschmackvoll behandelte Hu-
bertusordenstracht einen historischen Charakter, der
sie über die prosaische Wirklichkeit erhebt, ohne ihre
Wahrheit zu beeinträchtigen. In Rümann ist der
Münchener Schule ein Meister des plastischen Bildnis-
faches erstanden, der die durch Wagmüllers Tod ge-
rissene Lücke auszufüllen verspricht.

Dass die München er Malerei ihre Position rühm-
lich behauptet, braucht kaum besonders betont und
hier nicht im einzelnen weiter ausgeführt zu werden;
denn wir wollen dem Spezialberichterstatter nicht vor-
greifen. Wo Kräfte wie Leribach, Man; Link, Zä-
I gel u. s. w. zusammenwirken, da kann es an fesselnden
 
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