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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

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Rosenberg, Adolf: Rubens' heilige Cäcilie im Berliner Museum, gestochen von G. Eilers
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https://doi.org/10.11588/diglit.5367#0023

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine.

HERAUSGEBER:

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG

WIEN
Heugasse 58.

BERLIN SW.
Teltowerstrasse 17.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. IV. Jahrgang.

1892/93.

Nr. 3. 27. Oktober.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
.Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshand-
lung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, End. Mosse u. s. w. an.

RUBENS' HEILIGE CÄCILIE

IM BERLINER MUSEUM, GESTOCHEN

VON G. EILERS.

Das ganz von Rubens' eigener Hand genialte
Bild der Berliner Galerie, das die heilige Patronin
der Musik unter der Gestalt der zweiten Gemahlin
des Meisters in der reifen Fülle ihrer Schönheit dar-
stellt, darf sich eines Stammbaums rühmen, der bis
in Rubens' Werkstatt zurückführt. Es kann keinem
Zweifel unterliegen, dass das Berliner Bild mit jenem
identisch ist, das in dem gedruckten Verzeichnis
des zur öffentlichen Versteigerung bestimmten, künst-
lerischen Nachlasses des Meisters unter Nr. 93 auf-
geführt ist. Wie manch anderes Bild, das Helena
Fourment in ihrer wirklichen Erscheinung oder in
einer allegorischen oder mythologischen Verkleidung
wiedergab, hatte er auch dieses zu eigener Augen-
weide in seiner Werkstatt zurückbehalten. Überdies
muss es auch, wie die malerische Behandlung deut-
lich erkennen lässt, erst in den letzten Lebensjahren
seines Schöpfers entstanden sein, wie Rooses an-
nimmt, 1639 oder 1640. Jedenfalls hat Rubens noch
die Zeit gefunden, an eine Reproduktion des Bildes
durch den Kupferstich zu denken, mit der er Jan
Witdoeck beauftragte. Wie wir aus einem Briefe
des Druckers Balthasar Moretus wissen, war Wit-
doeck der einzige Stecher, den Rubens in den letzten
Jahren seines Lebens noch regelmäßig beschäftigen
konnte, weil seine zunehmende Handgicht ihn hin-
derte, mehr Vorlagen für andere Stecher anzufertigen
und ihre Probedrucke zu retouchiren. Dieser letzte
Stecher, der unter Rubens' Leitung gearbeitet hat,

war leider auch der schwächste. Aber er kam we-
nigstens den damaligen künstlerischen Anschauungen
des Meisters insofern entgegen, als er sich auf starke
malerische Wirkungen verstand. Über dem Stiche
der heiligen Cäcilie hat aber noch ein besonderer
Unstern gewaltet, da er offenbar nicht mehr bei
Rubens' Lebzeiten vollendet worden ist. Denn er
trägt nicht, wie Witdoecks andere Hauptblätter, das
dreifache Privileg, jene dem Künstler vom Könige
von Frankreich, den Regenten Belgiens und den
holländischen Generalstaaten erteilte Schutzmarke,
durch die Stiche nach Rubens' Werken als unter
seiner Aufsicht und Mitwirkung entstanden beglau-
bigt werden. Daraus erklärt sich auch, dass der
Kopf der Heiligen keine Spur von der tiefen Be-
seelung, von der heiligen Begeisterung, womit ihn
Rubens ausgestattet, wiedergiebt. Im übrigen hat
sich Witdoeck aber sehr eng an das Urbild ange-
schlossen, nur mit dem Unterschied, dass sein Stich
das Original von der Gegenseite reproduzirt.

Das Bild gehörte nicht zu denjenigen, die nach
Rubens' Tode zur öffentlichen Versteigerung kamen.
Wie Genard aus Urkunden mitgeteilt hat, erhielt es
ein Herr van Ophem zum Geschenk, weil er bei dem
Verkauf von 29 Bildern an den König von Spanien
gute Dienste geleistet hatte. Nach den Ermittelungen
von Rooses (L'oeuvre de P. P. Rubens II. p. 240)
tauchte es wieder bei der am 30. Juli 1742 in Paris
erfolgten Versteigerung der Sammlung des Prinzen
von Carignan auf. Es wurde für 10 000 Livres ver-
kauft, vermutlich an den Herzog von Tallard; denn
bei der Versteigerung von dessen Sammlung am
22. März 1756 ging es für 20050 Livres in den Be-
 
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