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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

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Lier, Hermann Arthur: Die dritte internationale Aquarellausstellung in Dresden, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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Die dritte internationale Aquarellausstellung in Dresden. —

Bücherschau.

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deutschen Geschmack wenig zusagenden Haut-goüt,
während sich die „Nägelschneiderin", die einer vor-
nehmen Dame dieses Geschäft, das die meisten Men-
schen bei uns noch selbst besorgen, abnimmt, von
diesem widerlichen Beigeschmack freihält. — Ganz neu
für Dresden ist die Beteiligung schottischer Künstler.
Es ist ein glücklicher Umstand und wird hoffentlich
gute Früchte bei uns tragen, dass zu ihnen Meister
ersten Ranges gehören. So vor allem James Paterson.
Wie wenige versteht er sich auf das eigentliche
Aquarell, das er breit und sicher behandelt und
überaus durchsichtig zu gestalten weiß. Seine Land-
schaften und Blumenstücke, beide gleich vollendet,
sind in dieser Hinsicht überaus lehrreich. Gleich-
zeitig aber besitzt Paterson einen seltenen Blick für
das Poetische in der Landschaft, wie das seine Dar-
stellung von General Wades Bridge in Aberfeldy
glänzend beweist. In Macaulay-Stevenson lernen wir
dann einen Stimmungsmaler ersten Rangs kennen.
Sein Gebiet ist die Mondscheinlandschaft, deren unbe-
stimmte Konturen er durch eine ganz eigenartige,
verschwommen erscheinende Technik äußerst wir-
kungsvoll wiederzugeben weiß. Durch ungewöhn-
liche Tiefe und Kraft der Farbe überraschen Nisbcts
große Flachlandschaften. Sie erinnern an die besten
alten holländischen Meister und besitzen doch in
ihrer etwas sentimentalen Auffassung ein entschie-
den modernes Gepräge. Von Shorbum Ross enthält
die Ausstellung mehrere wegen der in ihnen gelösten
schwierigen koloristischen Probleme interessante
Aquarelle aus Venedig, Mason Hunter debütirt mit
vier höchst gelungenen Marinen, und Thomas Pyne
sandte ein sonniges, heiteres Landschaftsbild, auf
dem sich reifender Weizen im Vordergrund mit einer
anmutigen Flussgegend im Hintergrund zu einem
überaus reizvollen Ganzen vereinigt. Zu diesen vor-
züglichen Landschaftsmalern kommt noch der aus-
gezeichnete Tiermaler T. Austen Brown hinzu, um
zu zeigen, einen wie hohen Stand die Aquarellma-
lerei gegenwärtig in Schottland erreicht hat. — Von
den wenigen spanischen Bildern, die in Dresden zu
sehen sind, nehmen die beiden kleinen Genrescenen
von J. II. Aranda einen hohen Rang ein. Die beiden
Maler, die im Freien ein Mädchen porträtiren, sind
in ihrem Eifer prächtig charakterisirt, und der ele-
gante Kunstsammler, der daheim seine Schätze mustert,
bildet ein köstliches Pendant zu jenen. So hat fast
jede kunsttreibende Nation wenigstens das eine oder
andere Werk von Bedeutung aufzuweisen, so dass
das höchst anziehende vergleichende Bilderstudium
auch auf dieser dritten Aquarellausstellung, deren

hauptsächlichste Erscheinungen wir in diesem Be-
richt zu würdigen versuchten, mit Erfolg und Genuss
betrieben werden kann.

Kötschenbroda, Anfang September.

H. A. LIER.

BÜCHERSCHAU.

Das System der Künste. Von Prof. Friedr. Faber.
Guhrau, Lemke. 1892. 30 S. 8.

* Diese aus einem Vortrage hervorgegangene kleine
Abhandlung will nicht den ganzen Reichtum der Ästhetik
und der einzelnen Kunstformen erschöpfen, sondern nur die
sämtlichen Künste in eine systematische Ordnung bringen.
Der Verf. blickt in Kürze auf die früheren Systeme, namentlich
auf die von Kant, Schelling, Solger, Schopenhauer, Hegel,
Vischer und Lasaulx zurück und nähert sich in seiner eigenen
Darlegung am meisten dem Hegeischen Gedankenkreise.
Nur dass er dem Material, in welchem der Künstler schafft,
Anteil geben will an der Idealität der Kunst, während Hegel
das Material im verwirklichten Ideal verschwinden lässt.
Aus dieser Bedeutung, welche Faber dem Materiale vindizirt,
ergiebt sich ihm folgerichtig, dass diejenige Kunst die höchste
sein müsse, welche den „entwickeltsten Naturstoff, nämlich
den leibhaftigen Menschen" zum Darstellungsmittel habe,
also der Tanz, die Schauspielkunst. Faber erkennt in den
verschiedenen Künsten nur die „verschiedenen Weisen, die
Aufgabe des Menschen zu lösen, sich durch freie That selbst
hervorzubringen: als die der Schwere gegenübertretende
Starrheit des Stoffs (Architektur), als Gestalt (Plastik), als
die Allgemeinheit des Lichts (Malerei), als Beseelung (Musik),
als Gedanke (Poesie) und endlich in leibhaftiger Persönlichkeit
als ideale Person (Schauspielkunst)". Die weitere Ausfüh-
rung des Grundgedankens möge man in dem Schriftchen
selbst nachlesen. Dasselbe enthält — allerdings in bisweilen
etwas abstrakter und allzu knapper Form — viele treffliche,
aus der Tiefe geholte Einzelheiten.

*.DoMa<eMo. Eine evolutionistische Untersuchung auf kunst-
historischem Gebiet. Von Willy Pastor. Gießen, Trenck-
mann. 1892. IV und 105 S. 8.

Der gesuchte Titelbeisatz und das Vorwort dieser
Broschüre erwecken für dieselbe gerade kein günstiges Vor-
urteil. „Dem Problem des Donatello — präludirt der Autor
— kann man vom schöngeistigen Standpunkt aus nicht bei-
kommen, man muß es physiologisch, ja medizinisch behandeln."
Sieht man von dem weitschweifigen und recht „schöngeistig"
geschriebenen Einleitungskapitel ab, so enthält die Schrift
ganz einfach einen neuen Versuch, die Werke des großen
! Florentiners nach Stilkriterien zu ordnen und so zu einer
I klaren Vorstellung von seinem Entwickelungsgange zu ge-
langen. Die Untersuchung ist auf Grund eingehender Autopsie
geführt und ergiebt in manchen Einzelheiten beachtens-
werte Resultate. So z. B. in Bezug auf die Datirung der
Arbeiten Donatellos für S. Lorenzo in Florenz. Gewöhnlich
setzt man dieselben in die Jahre 1440—44 und in eine noch
spätere Zeit. Pastor bringt die Jahre 1428—33 dafür in Vor-
schlag und will für einige der Arbeiten eine Mitwirkung
des Brunelleschi statuiren. Das Gesamturteil, welches der
Verfasser über die Kunst Donatellos fällt, lautet nicht so
günstig, wie wir es zu hören gewohnt sind. Er betont, bei
allem Respekt vor der Begabung des Meisters, stark den
Mangel an Einheitlichkeit in dessen Streben. „Donatello
konnte auf keinem Gebiete der Skulptur späteren Generationen
zum Vorbild werden, weil seine Thätigkeit auf keinem der-
 
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