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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

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Burckhardt, Daniel: Eine Dürer-Zeichnung aus dem Jahre 1497
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https://doi.org/10.11588/diglit.5367#0092

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171

Eine Dürer-Zeichnung aus dem Jahre 1497.

172

wurde die eben genannte Annahme des großen
Dürerforsohers zum Rang einer kunstgeschichtlichen
Thatsache erhoben, an welcher erst in jüngster Zeit
Stiassny in — wie mir scheint — allzu zaghafter
Weise zu rütteln versuchte (Zeitschrift für bildende
Kunst, XXIV, 291, Anm.). Jedenfalls muss Stiassny
Recht behalten, wenn er die Federkizze Lippmann
193 entgegen meiner oben angeführten Bemerkung
als eine Art von Studie zu der großen Komposition
in Wien erklärt; die Wiener Clair-obscur-Zeichnung

kalypse zu legen: nicht nur der Geist der Wiener
Komposition im allgemeinen — der Hang zu wilder
Phantastik — sondern auch die Ausführung und
stilistische Behandlung der Einzelheiten bis ins
Detail der Pferdegeschirre und landschaftlichen Motive
ist den Holzschnitten der Apokalypse überaus nahe ver-
wandt und zeigt mit jeder nur wünschbaren Deutlich-
keit die prägnante Eigenart des großen Nürnbergers.

Schon allein die stilkritischen Gründe erlauben
es also, die Dürer-Zeichnung an das Ende des 15. Jahr-

wird aber jedem unbefangenen Kunstfreund, dem
die Dürer'sche Formengebung aus den Jahren 1496
bis 1500 etwas geläufig ist, unbedingt als ein echtes
und zudem höchst charakteristisches Werk des großen
Nürnbergers, als eine Art von Nebenfrucht seiner
Studien für die Holzschnitte der Apokalypse er-
scheinen. In dieser Weise haben sich z. B. Ed. His-
Heusler und Max Lehrs mir gegenüber geäußert.
Ich bitte jeden Leser dieser Zeitschrift, welcher
sich für die Frage interessirt, die Wiener Zeich-
nung neben einen beliebigen Holzschnitt der Apo-

hunderts zu setzen; als weiteres Hilfsmittel zur Fest-
stellung der Entstehungszeit tritt aber noch die Clair-
obscur-Technik des Blattes hinzu, welche Dürer in
durchaus gleicher Weise auf den um 1502 geschaf-
fenen Entwürfen zu den Flügeln des St. Veiter Altars
übte. — Die Kopie des Wiener Blattes in Stuttgart
endlich, welche ich leider nicht aus Autopsie kenne,
ist von Thausing jedenfalls zu abschätzig beurteilt
worden. Schon die Inschrift auf dem rechts gegen
unten befindlichen Wegekreuz darf nicht so ohne
weiteres als urkundliches Material verworfen werden.
 
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