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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

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Die neuesten Erscheinungen der englischen Radir- und Kupferstichkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.5367#0183

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HEßAUSGEBER:

CARL VON LUTZOW

WIEN
Heugasse 58.

und DR. A. ROSENBERG

BERLIN SW.
Teltowerstrasse 17.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. IV. Jahrgang.

1892/93.

Nr. 22. 20. April.

Die Kunstchronik erscheint als BeiWatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Inserate, a 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshand-
lung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rad. Mosse u. s. w. au.

DIE NEUESTEN ERSCHEINUNGEN DER
ENGLISCHEN RADIR- UND KUPFERSTICH-
KUNST.

Die Radirung hat in keinem Lande eine so do-
minirende Stellung unter den graphischen Künsten
sich zu erringen gewusst, wie in England, und nir-
gends mehr als hier findet in diesem Kunstzweige
eine lebhafte Wechselwirkung zwischen Künstler
und Publikum statt, aus der sich wiederum mit
folgerichtiger Konsequenz ein außerordentliches
Schaffen und Streben entwickelt. Der Grund der
allgemeinen Beliebtheit der Radirung liegt haupt-
sächlich in dem Umstände, dass die kunstliebende
und zugleich wohlhabende Mittelklasse in England
ohne Schwierigkeiten imstande ist, die zwar immer-
hin verhältnismäßig hohen Preise für gute Radirun-
gen, nicht aber solche für Meisterwerke der Malerei
zu zahlen. Zudem haben für Liebhaber und Sammler
die Radirungen den ganzen Reiz geistreicher Origi-
nalschöpfungen und die von dem großen Publikum
gewünschte volle Freiheit eines leichten und schein-
bar spielenden Vortrags, der unserer Zeitrichtung
entspricht. Ja diese graphische Kunstbethätigung
hat so viel Verlockendes, da sie der Phantasie, In-
dividualität und Stimmung alle Thore öffnet, dass
selbst vielbeschäftigte und hochgestellte Laien dem
Zauber nicht zu widerstehen vermögen, sich in ihr
zu versuchen. So hat durch Zufall ein Dubliner
Kunsthändler eine Sammlung von Radirungen ent-
deckt, welche kein Geringerer als die Königin von
England selbst ausgeführt hat. Der erwähnte Kunst-
händler kaufte aus dem Nachlasse des verstorbenen

Grafen von Charlemont einige Mappen mit Skizzen
und Ausschnitten illustrirter Zeitungen, unter denen
er zu seinem größten Erstaunen mehrere Radirun-
gen der Königin fand. Sie trugen die Inschrift:
„Gezeichnet von Albert, radirt von Victoria. Der
Lady Charlemont von Victoria geschenkt." Bei dieser
Gelegenheit dürfte es nicht uninteressant sein zu
hören, dass augenblicklich im „Imperial-Institute"
in London, dem Centrai-Kunstgewerbemuseum Eng-
lands und der Kolonien, unter den nach Chicago
zu sendenden Gegenständen sich auch von der Kö-
nigin, der Prinzessin Beatrice und der Prinzessin
von Schleswig-Holstein eigenhändig gemalte Bilder
befinden, welche die Umgegend von Balmoral zum
Vorwurf haben. In keinem Lande treibt die Ama-
teurkunst üppigere Blüten als in England mit all
ihren Vorteilen, die Anregung zum Sammeln schafft
und dem eigentlichen Künstler dankbare Abnehmer
für seine Werke sichert. Die Kehrseite der Medaille
besteht in dem Überhandnehmen illustrirter Jour-
nale und Winkelblättchen, welche eine Hochflut der
erbärmlichsten Machwerke reproduzirenund geradezu
geisttötende Illustrationen liefern.

Zu den großen Verlagshandlungen, die nur gute
Arbeiten veröffentlichen, gehört A. Tooth & Son.
Diese Kunsthandlung ist augenblicklich stark damit
beschäftigt, ihre Serie von Radirungen nach Meis-
sonier zu vervollständigen! Eine sehr charakteri-
stische Figur dieses Meisters hat Boulard radirt, und
in der Ausführung Bestimmtheit, Sicherheit und
Energie bewiesen. Das aus den letzten Jahren Meis-
sonier's stammende Bild ist „Der Dragoner", welcher
beim Genuss seiner Pfeife und eines Gläschens Wein
 
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