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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

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Personalnachriohten. — Sammlungen und Ausstellungen.

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PERSONALNACHRICHTEN.

%* Der Maler Arthur Kampf in Düsseldorf, der als
Leiter der Malklasse an die Berliner Kunstakademie berufen
worden war, hat die Berufung abgelehnt.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

* Über den Bilderbestand der kais. Gemäldegalerie in
Wien und ihrer Depots bringt die „Wiener Zeitung"
vom 12. März einen offenbar aus offizieller Feder stam-
menden Artikel, aus dessen malerischem Kauderwelsch einige
statistische Daten hervorleuchten, die ein allgemeines Inter-
esse beanspruchen dürfen. Die Gesamtmasse der Bilder be-
läuft sich demnach auf 5785 Nummern. Davon sind gegen-
wärtig in der Galerie des Hofmuseums aufgestellt: 1797
Werke alter, 333 Werke neuerer Meister und 464 Aquarelle
und Handzeichnungen. Dazu kommen die bis vor kurzem
im unteren Belvedere aufbewahrt gewesenen Bilder der Am-
braser Sammlung, im ganzen 1506 Nummern, ferner 512 in
den kaiserlichen Schlössern und Appartements untergebrachte
Gemälde und etwa 1100 Bilder in den Depots. Dass die
letzteren besondere Kostbarkeiten bergen, wie man wieder-
holt geäußert hat, ist eine ganz unbegründete Fabel. Es
genügt, wenn der Bestand der Depots in Ordnung gehalten
und die Bilder vor dem Verderben bewahrt werden, um sie
erforderlichenfalls für dekorative Zwecke verwenden zu
können. Das ist für uns das einzige erfreuliche Resultat der
im übrigen ziemlich unerquicklichen Mitteilung, dass die
kais. Galerie wenigstens vor weiteren Depotausgrabungen
bewahrt bleiben soll.

—nn. Düsseldorf. Bei Eduard Schulte sind einige inter-
essante Novitäten zur Ausstellung gelangt. Es sind dies ein
Aquarell von Pradilla und drei Kaiserporträts von Max
Koner. Die beiden kleineren Kaiserbilder (halbe Lebens-
größe) in Schwarz und Weiß gehören zu dem Glücklichsten,
was Koner bisher gemalt hat. Das eine ist in Husaren-,
das andere in Kürassieruniform aufgenommen; die Behand-
lung ist äußerst lebendig und von sprechender Ähnlichkeit.
Das große Ölporträt hat dagegen noch etwas von der höl-
zernen steifen Manier der früheren Koner'schen Kaiserbilder.
Die beiden kleineren, kaum über eine flotte Skizze hinaus-
gehenden Bilder zeigen eine entschieden freiere und von
bewusstem Können geleitete Hand, trotzdem dass sie wie Kinder
eines flüchtigen Momentes erscheinen. — Der Gegenstand
des neuen Pradilla'schen Aquarells ist ein italienisches Wäscher -
mädel, das, während die Arme im Schoß ruhen, nachdenk-
lich, etwas sinnlich - träumend vor sich hinschaut. Neben
ihr liegt ein entfaltetes „billet doux". Die Färbung ist nicht
ganz so leuchtend, wie in den Ölbildern des Meisters, wie
überhaupt Pradilla in seinen Aquarellen einen weniger
brillanten, etwas nüchterneren Farbenton anschlägt, als in
der Ölfarbe. Die sonstigen bekannten Vorzüge des großen
Spaniers kommen, wie es scheint, in der Aquarelltechnik
nicht in solchem Maße zur Geltung. Aber fein gestimmt
und vor allem klassisch-heiter und bei aller Kraft geschmack-
voll bleibt Pradilla immer.

*,* Ein Gemälde des Berliner Marinemalers Richard
Esehke, „Sturm im Golfstrom" bei Abendstimmung, ist für
das städtische Museum in Danzig angekauft worden.

A. E. Aus Berliner Kunstausstellungen. In Gurlitt's
Kunstsalon hat der Maler Lesser Ury eine etwa 70 Nummern
umfassende Ausstellung von Ölskizzen, Studien und Pastell-
zeichnungen veranstaltet, die nach der überaus schwülstigen
und geschmacklosen Anpreisung des Katalogs „vom Reifsten"

sind, „das die atmosphärische Malerei in Deutschland hervor-
gebracht hat, kleine Wunder des Augenblickes, Licht- und
Luftstudien, doch Studie von der Art, die tief hinein in die
Organisation des Künstlers leuchtet." Wir haben schon viel
vom „atmosphärischen Druck" gelesen und erfahren, aber
die Erfindung einer „atmosphärischen Malerei", also einer
Malerei, die mit „Atmosphäre" malt, ist eine neue Errungen-
schaft, die der Verfasser des Gallimathias verantworten mag,
der die Eindrücke Lesser Ury's dem Publikum durch die
Beredsamkeit seines Mundes vermitteln will. Dem Maler
wird mit einem solchen Wust von Phrasen ein schlechter
Dienst geleistet. Man bauscht ihn damit zu einer Größe
auf, die er nicht ist und vielleicht auch gar nicht einmal
sein will. Er ist ein Echo der französischen und belgischen
Impressionisten, einer der frühreifen Genies, die aus innerem
Drange der Kaufmannslehre entlaufen sind, dann keine Zeit
mehr gefunden haben, um das langweilige Zeichnen zu
lernen, aber in den freien Ateliers von Brüssel und Paris
soviel erhascht haben, dass sie ihre Eindrücke, ihre Farben-
visionen so auf die Leinwand bringen können, dass Träumer,
Phantasten, blasirte Fin de siecle-Menschen und ähnliche
pathologische Existenzen darüber in Entzücken und in
Taumel geraten. Es ist eine Art von Haschisch-Rausch,
unter dem diese sonderbare Gemeinde von Kunstenthusiasten
gegenwärtig steht, und diesen Zustand suchen auch ihre
Wortführer in der Presse zum Ausdruck zu bringen, indem
sie die Grammatik vergewaltigen und die deutsche Sprache
zum blöden Stammeln erniedrigen. Als Lesser Ury vor vier
oder fünf Jahren in Berlin mit Straßenbildern auftrat, die
so roh zusammengeschmiert waren, dass man nur schwarze,
rote und gelbe Flecke unterscheiden konnte, soll Menzel zu
seinen Bewunderern gehört und Großes von der Zukunft des
jungen Mannes (er ist jetzt 30 Jahre alt) erwartet haben.
Von seiner unergründlichen Schwarzmalerei hat sich Ury
allerdings befreit, wie es scheint, durch eine Reise nach
Italien, wo er, besonders in Capri, die Sonne kennen gelernt
hat. Was er seitdem gemalt hat, ist farbiger, sonniger und
verständlicher. Eine koloristische Empfindung ist in diesen
Landschaften mit Staffage, in diesen Straßenbildern, in
diesen Innenräumen mit Figuren vorhanden. Aber wo bleibt
die Stimmung, das seelische Element, die Gemütstiefe oder
auch nur, wenn wir uns auf die geringsten Ansprüche be-
schränken, die nationale Note? Alles nur Nachäti'ung der
naturalistischen Belgier und Franzosen. Und von diesen
Leuten erwarten ihre Wortführer in der Presse das Heil der
deutschen Kunst! — Die Schulte''sehe Kunstausstellung hat
Anfangs April den Berlinern zumeist Gemälde vorgeführt, die
an dieser Stelle schon in Berichten aus Düsseldorf und
München gewürdigt worden sind. Aus der Masse der neuen
Erscheinungen, die voraussichtlich auf der großen Kunstaus-
stellung wieder auftauchen werden, seien nur die fein indivi-
dualisirten und geschmackvoll angeordneten männlichen und
weiblichen Bildnisse von Fenner II. Behlmer, der mit Eifer
Holbein studirt zu haben scheint, vielleicht auch in Paris
manches gelernt hat, die fein empfundenen Landschaften der
Stilllebenmalerin Elise Hedinger, das Bildnis des General-
feldmarschalls Grafen v. Blumenthal von Georg Lampe und
das Porträt des Afrikareisenden Grafen Joachim Pfeil von
Anna Jaeger, einer Malerin, die auch gründlich zeichnen
gelernt hat, hervorgehoben. Wie gewöhnlich bei Schulte
spielen auch in dieser Ausstellung die Spanier und die
Italiener eine hervorragende Rolle. Sie, nicht die deutschen
Naturalisten und Impressionisten, sind die Hechte im Karpfen-
teich. Was hier Pradilla mit drei Bildern aus den achtziger
Jahren, Garcia g Ilamos, Mas y Fondevilla, Lnuza, Qallegos
 
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