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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 4.1893

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Lyka, Karl von: Kunstausstellung in Rom
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5367#0249

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4S5

Kunstausstellung in Rom. — Bücherschau.

4S6

dez-vous am Abend, bei einer mattscheinenden Gas-
laterne. In der Auffassung steht es Zola'schen
Motiven nahe. Ettore Tito stellt einen „Fischmarkt
zu Venedig" aus, voll von Leben und Sonnenschein,
fein gezeichnet und mit Bravour gemalt. Mit räum-
lich großen Ansprüchen tritt uns Ferragutti's Bild
entgegen: eine Kartoffelernte in Norditalien im
vollen Sonnenschein. Doch ist es nicht über das
Niveau eines Experimentes hinausgekommen. Die
übrigen Genrescenen sind meist gute Bilder für ele-
gante Salons, ohne tiefere künstlerische Bedeutung.

Das Historienbild scheint ausgestorben zu sein.
Das moderne Italien greift selten in seine bunt-
bewegte Geschichte zurück. Was hier an histori-
schen Werken zu finden ist, bewegt sich in alt-
bekanntem Fahrwasser, es ist ägyptische und päpst-
lich-kaiserliche Altertumsmalerei.

Aquarelle giebt es, wie gewöhnlich, in großer
Menge, doch sind die meisten bloß liebliche Phrasen
mit bescheidenen Ansprüchen. Die besten Aquarelle
haben Coleman, Ferraris und Cabianca gesandt. Auch
finden sich Radirungen, Pastelle und Stiftzeichnun-
gen , unter welchen Conconis frisch und tempera-
mentvoll gemachte Radirungen den ersten Platz be-
haupten.

Minder anheimelnd ist die auffallend große
Menge von Produkten der Blumenmalerei. Es sind
wohl über hundert Frucht- und Blumenbilder zu
verzeichnen, meistens von Damenhänden gemalt,
welche zuweilen den höchsten Grad der Tüftelei er-
reichen. Unter andern Extravaganzen fehlen auch
verzweifelte Böckliniaden nicht, wozu meistens Capri
und Ischia die von Meerweibchen und Meermännchen
wimmelnden Felsen geliefert haben.

In der Skulptur lässt sich eine Wendung zu
den Nippes nicht verkennen. Zwischen sehr acht-
baren Werken finden wir vieles, was schon sehr
nahe an jener Grenze steht, wo die Kunst aufhört
und die Nürnberger Spielwaren anfangen. Bei man-
chem wäre man versucht, irgend ein verstecktes Uhr-
werk aufzuziehen, damit das Ganze rasselnd und
klingelnd in Bewegung komme. Nicht selten lässt
sich ein Zurückgreifen aufs Altiigyptische wahr-
nehmen, was individuell interessant sein kann, doch
nichts Neues und Kräftiges hervorbringt.

Den wahren Charakter der Ausstellung berühren
natürlich all diese Dinge wenig. Das herrschende
Moment ist die Landschaft, welche einen neuen Zug
aufweist und auch etwas mit Poesie zu thun hat.
Das Streben nach neuer, poetischer Auffassung macht
die ganze Ausstellung interessant, und wenn dieses

Bestreben auch keinen echt italienischen Zug in
sich birgt, so verdient es doch bemerkt zu werden.

CARL LYKA.

BÜCHERSCHAU.
Kavvadias, Flvnra tov 'Eüvixov Movoslöv (Bild-
werke des Nationalmuseums). Bd. I. Athen,
Vlastos. 504 S. 7 Frank.

Das Nationalmuseum in Athen ist in demselben
Sinne wie das Museum auf der Akropolis eine
Schöpfung von Kavvadias. Seine Gründung reicht
freilich schon in frühere Zeit zurück. Wie in dem
Vorwort des schon kurz von uns erwähnten Kataloges
berichtet wird, hat man 1866 den Bau begonnen,
1874 den westlichen Flügel vollendet und zur Auf-

| nähme der bis dahin im Theseion, Varvakion, in
der Attalosstoa und im Turm der Winde aufbewahr-

I ten Skulpturen eingerichtet, 1881 den Bau eines
nördlichen Flügels in Angriff genommen. Aber es
geschah wenig für die Ordnung und Aufstellung
der Sammlung, bis 1885 mit dem Generalephorat
der Altertümer auch die Leitung des Museums an
Kavvadias übertragen wurde. Seitdem ist aus dem
früheren Magazin ein wirkliches Museum geworden,
das heute den bedeutendsten Sammlungen, die über-

I haupt existiren, den Rang streitig macht und an
Reichtum auserlesener Stücke, die größtenteils zu
den Erwerbungen der letzten Jahre gehören, un-
übertroffen ist. Wer noch daran zweifelt, dass es
doch einmal gelingen wird, eine griechische Künst-
lergeschichte aus den Monumenten zu schreiben,
der kann sich in dieser Sammlung eines Besseren
belehren lassen, wenn er von einem Saal zum an-

| deren neue, bis vor kurzem nur aus den Schrift-
quellen bekannte Meister in Originalwerken vertreten
findet, wie Agorakritos, Timotheos, Skopas, Bryaxis,
Damophon. Nur von Praxiteles vermisst man schmerz-
lich eine Hauptschöpfung wie den Hermes, der ja
leider in Olympia geblieben ist. Aber eine gewisse
Entschädigung geben die schönen Musenreliefs von
seiner Leto-Apollon-Artemisgruppe aus Mantinea.

Energische Arbeit und glückliche Umstände
haben das Geleistete zuwege gebracht. Den außer-

j ordentlichen Erfolgen der jüngsten Ausgrabungen
und dem unermüdlichen Bestreben, alle hervorragen-
deren Antiken aus den kleinen Lokalmuseen Grie-
chenlands in dieser einen Sammlung zu vereinigen,
verdankt das Museum die große Bereicherung, die
es während Kavvadias' Amtsthätigkeit erfahren hat.
Vor sechs Jahren veröffentlichte Kavvadias von dem
Bestände, soweit er damals geordnet war, eine Be-
 
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