Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
vor einiger Zeit, etwa vor zwölf Zahren, hielt
man wenig von der Zukunft der Spitze. Sie, die in
allen Zahrhunderten eine große Rolle gespielt hatte,
schien damals wenig Aussichten ;u haben, auch fürderhin
nach Gebühr gewürdigt zu werden. Rnd doch war
dies nur scheinbar, die Spitze ist eben unsterblich wie
die Malerei und wird ewig ihren lVert behalten.
wenn wir in der Geschichte der Spitze blättern, so
werden wir finden, daß sie stets den mannigfachsten
wechselfällen unterworfen war, daß sie durch Ldikte
und Steuern an wert litt, daß man sie als eminenten
Lupusartikel hehandelte. Und doch hatte sie gerade
damals alle Rlassen erobert; auf 2lltären, in Rlästern
und in ksütten fand man sie vertreten. Äe schmüchte
königliche und bräutliche ksäupter, spielte als dekora-
tives Llement bei festlichen Rirchenzeremonien eine
große Nolle und fehlte ebenso wenig auf den Manchetten
der chchläger wie auf der Goiffure der Bäuerinnen.
Die Landbewohner von Seeland tragen heute noch
traditionelle Ueberbleibsel ihrer damaligen ^err-
lichkeit.

Die echte Spitze ist im werte keineswegs gesunken;
sie hat wohl ein wenig an Verbreitung, doch nichts
an (tzualität verloren. Ulan fertigt sie hente ebenso
schön, ebenso fein wie vor Zeiten. Die Teuerung in
den großen Städten hat viele Spitzenarbeiterinnen aufs
Land getrieben; Brüssel zählt deren nur 2- bis 300,
die in den kleinen Stadtteilen wohnen. Die Be-
schäftigung ist wenig lohnend, so daß die Leute ge-
zwungen sind, sich um besser bezahlte Zndustriezweige
zu kümmern. Rünstler — und deren giebt es ver-
schwi'ndend wenig, — verdienen allerdings S bis 8
Lranks täglich.

Zn Brüssel werden nur mehr wenig Fonds und
Netze fabrizirt; man verlegt sich dort auf Axplikations-
spitze und point dÄiguille, und das genügt vollständig
zu seinem Ruhme. Die ^auptstadt von Brabant hat
sich ihr altes Renommse vollständig erhalten. Sie
liefert die teuerste, seltenste Spitze, die edel in der
Form und solid gearbeitet ist. Brüssel wirft als Haupt-
stern seine Strahlen auf kleine Städte, unter denen
sich Binche besonders auszeichnet. von dort stammen
der Trousseau des Ränigs von Rom, Sohns Napoleons I.,
und das Brautkleid der Raiserin Lugenie. valen-
oiennes existirt nur mehr dem Namen nach; die
Valenciennes-Zndustrie ist aus Belgien ausgewandert;
Grammont fabrizirt jetzt schwarze Lhantillys. Aus
Flandern haben sich in den verschiedenen Ländern
Bpitzenkolonien gebildet, welche die Zndustrie nach
Spanien, Lngland, jDortugal, Deutschland und Dänemark
verpflanzt haben; die unter dem Namen point
dÄngleterre bekannte Spitze ist in wirklichkeit echte
Brüsseler Rante.

<Ls giebt keine vlämische Gemeinde, die nicht ihre
Spitzenschule hat. Nur eine Lücke giebt es in diesem
harmonischen Ganzen: die Hauptstadt hat kein Rluseum.
Bis vor Rurzem hatte sie gar kein Lokal, jetzt ist es
das „Liotel Ravenstein", das diesen Riangel teilweise
ersetzt. jN. Tgbl.)

» über nwderne Vaubescbläge sxrach im
Berliner Runstgewerbeverein der Zngenieur F. Spengler.
So große Fortschritte die Runst des Schmiedens in der
letzten Zeit auch gemacht hat, so hat die künstlerische

und ornamentale Ausgestaltung der Baubeschläge doch
damit nicht gleichen Schritt gehalten. Ls wäre daher
wohl an der Zeit, auch hierin eine Aufbesserung an-
zustreben, obwohl dabei nicht unerhebliche Schwierig-
keiten zu überwinden sind. Die ksauptschuld daran
trägt die Art und weise der Herstellung unserer
modernen wlietshäuser, die sich auch auf die bssseren
Lsäuser überträgt. So fordern auch die Behörden in
ihren Submissionen nicht etwas Besseres, sondern bevor-
zugen meistens das Billigere. Rlannigfaltig sind die
Forderungen, die an unsere modernen Beschläge ge-
stellt werden. Sie sollen sich harmonisch in die Lin-
richtung und Ausstattung der Zimmer einreihen, ihre
Oberflächenbehandlung muß sich der des Lsolzwerks
anpassen. Auch auf die technische Ausführung wird
wert gelegt, denn die Fensterbeschlüfse besonders müssen
ihren Dienst jetzt besser versehen als früher, ebenso
achtet man auf die Geräuschlosigkeit des Ganges der
Thüren, auf bequems Lüftungseinrichtungen und auf
kleine Schlüssel und handliche, leicht sauber zu haltende
Griffe. wenn wir nun sehen, wie andere völker
diese Forderungen erfüllt haben, so finden wir, daß
sie uns darin bei weitem voraus sind. Zch habe
einige deutsche und amerikanische Baubeschläge aus-
gestellt, aber schon eine ganz oberflächliche Besichtigung
dieser beiden Arten zeigt eine ganz außerordentliche
verschiedenheit. während die Deutschen meistens
Bleche und Bandeifen mit Feile und Stanze ver-
arbeiten, verwenden andere Nationen vielfach gegossene
Rletalle bei reichlicher verwendung von Bronze. Diese
verschiedenheit des Rlaterials verlangt natürlich auch
andere werkzeuge. Rlan findet an solchen fremden
Beschlägen keinen einzigen Feilschnitt, alles wird mit
dem Bohrer, dem Fraiser, der Drehbank, Schleif- oder
polirscheibe hergestellt. Fragt man nach den Gründen,
weshalb unsere deutschen, ebenfalls derRlassenfabrikation
entsxrungenen tzandelsbeschläge ihr altes Aussehen be-
halten haben, so sind sie einzig und allein in der An-
nahme zu finden, daß sie nicht als Rlaschinenarbeit,
sondern als Lrzeugnisse der kqandschlosserei sich dar-
stellen sollen, und dieser Umstand wieder mag sich
daher erklären, daß das Absatzgebiet für besseren Be-
schlag bei uns ein geringeres ist als z. B. in Amerika.
Daß es aber möglich ist, mit Lseranziehung moderner
technischer Lsilfsmittel zu der den heimischen verhält-
nissen nun einmal mehr entsprechenden Lsandarbeit
bessere Handelsbaubeschläge zu erzeugen, dies konnten
die ausgestellten Muster bezeugen. Sie boten allerdings
insofern kein vollständiges Bild, als schmiedeeiserne
Beschläge und solche, welche zu ihrer vorführung der
Rkontage bedürfen, weggelassen waren.

* vom mnerlkaiüscben Dause gab Zulius
Lessing in einem vortrag, den er in der Berliner
kunstgeschichtlichen Gesellschaft hielt, eine knappe aber
vorzüglich unterrichtende Darstellung. von älteren
amerikanischen Rköbeln, so führte er nach dem Reichs-
anzeiger zunächst aus, besitzen die Rkuseen das Aller-
wenigste, das Rkeiste befindet sich in privathänden.
Die Amerikaner sind geneigt, bei diesen älteren Sachen
von einem eigenen Stil zu reden. Wir haben es
hier jedoch blos mit einer Gruxxe einfacher, gering-
wertiger englischer und holländischer Rköbel des XVII.
bis zum Lnde des XVIII. Zahrhunderts zu thun, da
ja naturgemäß nicht gerade die besten europäischen

— 74 —
 
Annotationen