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Hglbmonskliche I^undschsu.

Unter Wilivlvkunc, des BLgvnnders Mevdinsnd Mvenavius hevausgrgeben von

PauI Z ch u in s n u.

I- Muguff-Hefl l894- 4-^alimgang, Hcft 2s.

Lrschcint Aufang und!
INitte jedes INonats.

Vehiellgeld: h d). 60 s^f. vienjieljrihvl.

A n z e i g e >n
Pf. f. d. -^gesp. petitzeile.

Aniu Stilckaralrter

Och will meine Betrachtung an Glasbilder knü-
pfen, welche seit einiger Zeit in München nach einem
nenen, vcun Maler Dillmann erfnndenen Verfahren
angefertigt werden. Zch babe mir Proben davon in
der lVerkstätte angesehen nnd rvurde dadnrch zu den
folgendcn Bemerkungen angeregt.

Da das Verfahren nicht allgemein bekannt, so
must ich ihm einige U)orte ividmen. Die Farben des
darznstellenden Bildes werden auf drei Tafeln von
rotem, orangefarbenem und blanem Überfangglas ver-
tcilt. Nnr die blaue Tafel trägt das Gesamtbild mit
der Nmrißzeichnung nnd sämtlichen Lüchtern und chchat-
ten, hervorgebracht dnrch abgestuftes IVegätzen der
Larbe mit ^lußsäure. Die beiden andern Tafeln zei-
gen zunächst diefenigen Partien der einfachen Larbe,
welche im Bilde ausgesprochen vertreten ist, und dann
solche Gtellen, welche erst in Verbindung mit einer
oder beiden andern Tafeln die zusammengesetzten Far>
ben grün und violett, sowie die Uebergangstönc er-
geben sollen. Die noch übrigen Flächen dieser beiden
Tafeln sind durch Ätzcn farblos gcmacht, und ebenso
diesenigen Ltellen der blauen Tafel, wo rot oder gelb
erscheinen soll. lVerden nun die drei Glasplatten
voreinander gesetzt und verbunden, so erhält man
dnrch das Zneinanderspiel der verschieden gefärbten
Gläser alle nur denkbaren Nüancen der Farbskala.
Die Lenchtkraft kann, se nach der Darstellnng, größer
oder kleiner sein. Die Übergänge sind weich, und
vor allen Dingen: die Schattcn sind tief und dennoch
völlig durchsichtig. —

Nun zum künstlerischen kVert der nenen Lrfindung.
Da man sichvon ihm große Lrfolge verspricht, sei
es gestattet ihre chtellnng zur übrigen Glasmalerei zu
skizzieren. Bisher kannte man zwei Arten von Glas-
malerei. Tine Malerei mit Glas, wenn ich mich
so ausdrüeken darf, ich meine die Ännst, Bilder aus
chtücken farbigen Glases znsammenzusetzen; und eine
Uialerei anf oder hinter Glas, dnrch Tinschmelzen
durchsichtiaer ^arben anf die Nüekseite farbloser Glas-

^

kier Glasnralerei.

tafeln. Letztere üunst ist gegen Tnde des f6. Zahr-
hunderts aus dem Bestreben hervorgegangen, die Dl-
malerei in Uomposition nnd ^arbwirkung zu erreichen;
ihre Bestrebungen beruhen auf einem Nkißverständ-
nis der chtilfordernngen, sowohl seitens der Uünstler
als der Laien. Trotzdem darf nicht bestritten werden,
daß sie es zu ganz beachtenswerten Leistungen —
nicht znm mindesten in bezng aus lViedergabe des
Fleischtons — gebracht hat. Sie ist durchweg Rlein-
kunst, nur bei Betrachtung aus der Nähe wirkend.
Zhre Aufgaben sind geradezu dem Gebict der Vlma-
lerei entiiommcn nnd nmfassen sowohl Liguren- und
Tierbild, als Landschaft und chtillleben.

Die andere Art ist von monnmentalem Lharakter,
obwohl sie nicht nur Rirchenfenster geliefert hat, son-
dern zu ihren schönsten Leistungen auch Votiv- nnd
lVappenscheiben fblabinetscheiben) rechnen darf, wie
sie vor allen Dingen die chchweiz so zahlreich anfweist
(Nom, Zürich, Kloster lVettingen n. a.). Lie hat
sich historisch aus der musivischen Vrnamentik, aus
der einfachen Glasmosaik entwiekelt. Demgemäß hat
fie rein dekorative lllufgaben, an deren Lösung
sie ihrc chtilregeln selbständig und nur ihr eigen ent-
wiekelt hat. Und eben kraft dieser Lntwieklung eines
eigenen chtiles ist die musivische 2lrt als die ganz ei-
gentliche Glasmalerei anzusprchen.

Die fetzt erfundene neue Art nimmt eine Nlittel-
stelluiig ein. Sie arbeitet nicht mit Farben, sondern
mit farbigem Glas. Das ist ein Vorzug, wenn auch
das Glas nicht als „bsüttenglas" in der lNasse ge-
färbt ist, sondern als „Überfangglas" nur auf einer
cheite. Daneben aber strebt sie wieder in ihrer lvir-
knng der Olmalerei nach, wie sie auch ihre Vorbilder
aus deren Bereiche nimmt — und das ist ihrisehler.

Bei der Glasmalerei haben wir eine chumme
durchsichtiger Teile, welche vom Lichte durchdrungen
werden sollen; die Lresko- und die Vlmalerei dagegen
bieten dem Lichte undiirchdriiigliche Flächen dar. lveil
nnn der lvert, der Glanz und die Nraft der opaken und
 
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