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der transparenten Larden nngemcin verscliieden ist, so
ergeben sich darans für die Glasmalerei ganz eigene
Gesetze. Die Larben mnssen für eine richtige nnd
günftige IVirknng ganz anders behandelt werdcn,
scnvohl hinsichtlich der Menge, als des Grtes ihrer
Derwendnng. hsierinit rechnet aber eine Glasinalerei,
welche Glbilder nachahint, gar nicht, sie rechnet weder
init dein verschiedenen Lener, noch init der großcn Aus-
ftrahlungskraft einzelner (sarben, oder besser gesagt
Überstrahlnngskraft, verinöge welcher benachbarte Far-
ben in ihrer tVirknng beeinträchtigt, ja sogar anfge-
hoben werden können. Die Sache weiter zu ver-
folgen, würde hier zu weit führen. Zch verweise
deshalb anf die hochinteressanten und wichtigen Leispiele
in Viollet-le-Duc: , Dickionnaire rai^onns cle I'aicki-
tecturs . nnter »vitraille .

biierzn koinint noch ein anderes: Die Glas-
^ nialerei ist nnd bleibt Fläch e n dek o rati on.
Das kann nicht scharf genng hervorgehoben werden.
Zeder Dersnch, die so gegebene Grenze zn überschrei-
ten, ist als stilwidrig zn vernrteilen. Darans ergeben
, sich nicht nnr die Gesctze für die bsiitfergrnndsbehand-
lung - hier gibt es keine perspektivische Dertiefnng —,
sondern anch für die Zeichnnng selbst. Diese kann der
verschärften Uinrisse als eines ersten Bestandteiles nicht
entbehren. Gs verschinelzen sonst schon anf knrze
Gntfernnng die Farben in einander, und die tlinrisse
der Lignren verwischen sich für den Blick. Itlnf ein-
zelnen Aleisterwerken ^rankreichs ans dein s2. nnd
jö. Zh. fAathedrale von Ghartres) ist sogar die Der-
bleinng noch dnrch einen schwarzen parallelstrich ver-
ftärkt, sowohl nin die Abhebung nnd Abrnndnng zn
vergröszern, als nin der chtrahlnng töerr zn werdcn.

Mas zn Gnnsten der nenen Glasbilder von an-
dern ^eiten vorgebracht wird, ist iininer nur: „Sie
erreichen vollkoininen die Dorzüge des Parstells, der
Glfarbe :c." „inan vergißt ganz, daß es Glasinalerei ^
l ist" n. dgl. in. Aber ich sage: tVenn überhanpt die
Behandlnng eines Stoffes die A r t desselben zu ver-
! hiillen strebt, wenn sie inich die Art des Stoffes oder
hier die besondere Technik desselben vergessen inacht,
so habe ich es nicht init einein Vorzng, sondern init
einein Fehler der Behandlung zn thun. Dieser
so wichtige ästhetische Aatz wird iinnier noch nicht
genug beobachtet, sowohl von der Aritik, als von der
Runft nnd dem Annsthandwerke. Das Marinorstand-
bild, in dein in freier Bewegnng der Bronze nach-
gestrebt wird, die bsolzsknlptnr, wenn nian den Be-
dingnngen des Akaterials chohn sprechend, Ateinarbeit
nachahnit, die Architcktnr, welche an Lisenkonstrnktionen
geinahnt fz. B. das Gitterwerk der ^traßbnrger
Akünsterschanseite) — sie alle liegen jenseits der Grenze
des Stilgerechten. Die natnrlichen Grenzen, welche
^-der ivtoff selbst setzt, sind ebcn nicht AI ä n g e l des-
selben. Und das ^trcben, sie inöglichst vergefsen zu
inachen, ist durchans falsch nnd stilwidrig.

Der einzige Vorzng des neuen Drei-Tafel-Ver-
fahrens wäre also, daß hier anch die Achatten, selbst
in ihren Tiefcn, noch farbig sind nnd nicht dnrch
Ilberarbeitnng init ^>chwarzlot hergestellt werden, wie
das bei der gewöhnlichen Glasmalerci üblich. Zch

niuß jedoch berichten, daß nian anch da angefangen hat,
in der innsivischen Glasinalerei eine lllnderung eintreten
zn lassen. Die k. bayr. Lsofglasinalerei (I. Zettler)
schickte zur lVeltausstellnng nach Thicago Alonuinen-
talfenster, in welchen jede Nnanziernng ins Dunklere
wiedernni dnrch Tinsetzen von dnnkler gefärbten Glas-
stücken, also ohne Achwarzlot, hergestellt war. Daß ein
solches Verfahren jedoch nnr bei Bildern größten Älaß-
stabes ansführbar ist, lenchtet cin. Also anch dieser
eine Vorzng des nenen Verfahrens ist kein absolnter.
Lr käme nnr bei Bildcrn kleineren Alaßstabes in betracht.

Angenoninien nnn, die Drei-Tafel-Bilder be-
schränken sich anf solche Anfgaben, die für Glasnia-
lerei als einzig stilgerecht gelten, so müßte znnächst
jedes Streben nach perspektivischer Verliefung anfge-
geben werden und die starke llinrißzeichnnng wieder
in ihr Recht treten. lsat inan diese aber, dann ist
nicht einzusehen, waruin nian die einzelnen Larben
nicht durch Verbleinng, welche ja der llinrißzeichnung
inöglichst genan folgt, in dieselbe Lläche bringen soll,
anstatt sie init nutzloser Anfbietnng so vielen Glases
anf drei Tafeln hintereinander aufzustellen. Zndeni
fehlt so jede Alöglichkeit, anch an Anfgaben gräßeren
llnifanges heranzntreten, was jetzt ansgeschlosscn er-
scheint, sowohl wegen der llniständlichkeit der Arbeit,
als wegen des Gewichtes der verwandten dreifachen
Glastafeln. Doch das ist schließlich Nebensache.
llleinere Zlrbeiten jedoch, ansgeführt innerhalb der
soeben gezogenen Grenzen, würden anf diese nene
llrt die alten llabinetscheiben in keiner lVeise übe r-
treffen köiinen, sondern sich in ihrer lVirknng nnr
denselben inehr oder weniger vollkoinincn annähern.
Denn der kleinc vorzng der klaren Schatten wird
reichlich dadnrch anfgewogen, daß die alten Scheiben
eben ans Glasstücken bestehen, die in der lllasse ge-
färbt sind. (Nur das Rot ist in der Regel ltberfang-
glas, doch hat inan ja neuerdings wieder die llnfer-
tigung von in der lttasse gefärbtein ltnbinglas entdeckt.)
Die Sättigung nnd Lenchtkraft der Farbe ist also hier
ganz anders, größer; deincntsprechend dürfen dann
auch die Schatten nndurchsichtiger, farbloser sein. Zch
sehe also keinen Grnnd, deni nenen Verfahren irgend
welchen Vorzng zn geben. Zin Gegcnteil, ich sehe
nnr eine Verlockuug niehr, sich an llnfgaben zn nia-
chen, die nicht der Glasnialerei gebühren und sich
voin einzig Ztilgerechten in ihr völlig abwenden.

Das wird nichts ausniachen, ivenn nnr die ltritik
dafür sorgt, daß das Pnblikum den richtigen Geschinack
entwickle: die produktion folgt schon, wohin der Ge-
schniack will. Tins ist ja als erfreuliches Zeichcn dein
Ganzen zn entnehinen, daß näinlich überhaupt däs Zn-
teresse wieder inehr nnd niehr den Glasinalereien sich
zuwendet. Schinucklos waren bisher unsere Fenster,
nnd dort, wo es galt etwgs zn schenken, zu stiften,
einen s)reis auszusetzen, da war blos das lllbnin,
der pokal n. dergl. anf der Liste. tVarnin nicht anch,
wie es i»i Mittelalter war, die „Scheibe" ? — Akäge
das eine Anregnng sein! Aber inöge anch bei dein
znnehinenden Znteresse für die alte, schöne Annst das
Gefühl für ihren echten 5>tilcharakter wachsen bis znr
Treffsicherheit. Earstänjen.
 
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