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bestritten den erften platz einnnnint. Zn U)ien rvar
inan van einer Wertichätznng der japanischen Rnnst
weit entfernt. Gerade dort spottete inan ain lautesten
über „Zapanonianie" und schloß sich init Beaeisternna
der Ltilnieierei an, die damals zuerst allerorten anf
die Taaesordnuna kain. Zn Deutschland ertonte der
Nuf nach „Dentscher Nenaissanee", aber bald schwnr
inan auf Baroek nnd znletzt anf franzöfisches Nokoko.
Die Lraebnisse kännen wir bewnndern an den nn-
praktischen Möbeln, die nnsere lVohnrännie zieren,
an den prahlerischen Vandtellern, Nannen nnd Dasen,
die nnr erfnnden scheinen, nin ihren Bainen nnd
ihrer Bestiininuna löohn zn sprechen. Ts klinat wie
eine Prophezeihnna, was dainals — s873 - j?rof.

Brinckinann in seinein Bericht über die bsolzindustrie
anf der 'viener illnsstellnna schrieb: „Aopiere inan
iininerhin die ineisterlichen Friese nnd pilasterfüllnnaen
der Ztaliener alter und inoderner Nenaissanee, aber
ein d a n e r n d e s !s e i l wird nnse r >n R u n st-
handwerk nicht da r ans erblühe n. >Vir
werden es doch iininer nnr zu einer ,,8econcl-bancl^-
Nenaifsanee brinaen, der noch weit rascher die
Ukanieriertheit folaen wird als sener des sechszehnten
Aahrhunderts." Genan so ist es aekoimnen. Nnn
steht auch das Nokoko, so keck es sich iininer noch
aeberdet, anf dein Aussterbeetat. Ulan schant ans
nach dein Louis-5>eize- und dein Linpire-Stil, qesteht
sich aber dabei iin Ltillen, dast inan gründlich fest-
gefahren ist. Denn Linschwenken in den antikisierenden
Linpire-Ltil heißt ja nnr, denselben Tanz nochinal
von vorn anfangen.

Nichts liegt inir ferner, als behaupten zn wollen,
dast die Antike für alle Zeiten abgethan sei. Ls hat
nnr keincn Zweck, sie aus zweiter oder qar dritter
k^and zu einpfangen, wie derjeniae thnt, der sich die
IVerke der Nenaissance oder des Linpire zn Vorbildern
setzt. Denn diese beiden Ltilrichtnngen schöpften nicht
ans dein frischen (lZnell hellenischer Runst, sondern
bildeten sich an röinischen Denkinälern, in welchen,
was phidias und Polvgnot geschaffen, nnr noch leise
nachklang. Glanbten die Ztaliener des fünfzehiiten
nnd die Lranzosen nin die IVende nnseres Zahr-
hunderts, in den Bahnen jener Rnnstheroen zn
wandeln, so befanden sie sich in deinselben Grund-
irrtnin, dein anch nnsere huinanistische Bildnng ver-
fallen ist, die Ticero und böoraz in den Alittelpnnkt
des Unterrichts ftellt, während die hellenischen National-
tugenden ihre Zdeale sind. Und wie die klassische
Bildnng — einstweilen — iin Rainpf nnt den realist-
ischen Ltröinungen nnterliegen innß, so ist es auch für
nnsere Rnnst jetzt nicht an der Zeit, die reine böarinonie
der attischen Forinenwelt anf sich wirken zn lassen.
Lie bedarf einer derben, nährenden Rost: eines ein-
gehenden und unabläfsigen Ltndinins der Natnr. Das
gilt nicht nnr für Malerei nnd jl>lastik, sondern genan
in deinselben Akaße für das Rnnsthandwerk. Zlber
ganz verkehrt wäre es, wenn der Nuf: „Znrück zur
Natnr!" so verstanden würde, als ob es sich einfach
nin eine inöglichst trene Nachbildung von Bluiiien
nnd Blättern, Tier- und Nkenscheiiforinen handelte.
lVas hiervon das Lraebnis sein würde, kann der
wilde Vlniiien-Naturalisiiius lehren, der in den vierziger
Zahren nnsercs Zahrhunderts sich in nnseren Lalon-
teppichen nnd Lophakissen breit inachte. Zn einein

richtigeren Lrfassen der Natnraegenstände wird inan
sicherlich gelangen dnrch Zeichnen nnd Nkodellieren
nach der Natnr oder nach Natnrabgüssen. 2lnch
werden botanische, zoologische und anatoinische Ltndien
sich förderlich erweisen. Aber dainit ist es nicht ge-
than. hsinznkoininen innß ein künstlerischer Takt, das
Tharakteristische, Lebendige, Zusaiiiiiieiigehörige anf-
zngreifen und sich in dein Grade zn eigen zn inachen,
daß das Nlodeln eines Ntotivs für künstlerische nnd
zweckliche Verwendnng nicht znr Ltilisiernng führt,
sondern als Lolge natürlichen Ntachstuins erscheint.
Gerade dies aber ist das große Ateliergeheiinnis der
japanischen Nkeister! Ls ist nicht das Linzige, was
wir ihren lverken ablanschen können, aber es ist die
Lsauptsache!

böat nns die Nenaissance von der Natnr abgeführt,
so führt Zapan nns wieder znr Natnr znrück. Nkan
betrachte eininal eine Zlnswahl guter japanischer
Arbeiten nnd vergleiche init ihrer Dekoration nnsere
konventielle Brnainentik. Ls ift ein Gegensatz wie
Leben nnd Tod. Nkag inan japanische Thongefäße
oder Nletallarbeiten, gewebte Ltoffe oder Lackinalereien
vornehinen: überall frischer, natürlicher psianzenwnchs,
wie ihn Feld und Garten den Rünstlern darboten.
Und wie haben sie verstanden zn sehen! Zede Ltande,
jede Blüte haben sie III ihrer Ligenart erfaßt nnd
wiederaegeben, und init beneidenswerter Findergabe
wissen sie der kleinen IVelt ihrer Ningebnng iininer
neue Leiten abzugeiviiinen. Gewisse pflanzen erfrenen
sich ihrer besonderen Vorliebe: der blühende Rirsch-
zweia, der knorrige Rieferast, das spitzblätterige Bain-
bnsrohr, aber anßerdein gebietet der botanisierende
Rünstler über die ganze Blninenwelt seiner kseiinat,
voin genieinen Löwenzahn bis zur Lächerpalnie nnd
der ernsten Zvpresse. Daneben greift er gern zu
Vorwürfen, die ihni sein lchrusgarten bietet. Nkan
findet als Zierinotiv z. B. die aus Neisig gebnndene
Gecke, hinter der die beliebten köagisträncher oder
Thrvsantheinninstanden anfwachsen, oder das leichte,
ans krenzweis gelegten Banibnsstöcken gebildete Lonnen-
dach, über welches lVeinreben oder Glvcinen niit ihren
blauen Blütentranben ranken. Nlit IVind nnd lVelter
steht der Rünstler anf vertrantein Lnß; sie find ihni
Lebensänßernngen der Natnr, die er znr Belebnng
seiner Darstellnngen heranznziehen weiß: hier werden
Lotosblnnien nnd -Blätter von leichteni IVinde bewegt,
dort neigen Tranerweiden fich in stnringepeitschtes
Gewässer, selbst ströniender Negen, fallende Lchnee-
flocken, die weiche Lchneedecke nnd die spiegelnde Lis-
fläche werden wirksani verwendet. Leine besonderen
Frennde sind aber die gefiederten nnd nngefiederten
Bewohner, die dranßen in Bauni nnd Ltranch, anf
der Lrde nnd ini IVasser ihr IVesen treiben: ein
Falke späht voni beschneiten Rieferast nach Bente,
anfgeschenchte Lperlinge flattern ini Reisfeld, lang-
halsige Neiher waten zwischen gelben Leerosen
oder andere Bilder: zwischen IVasserpflanzen schwirren
zahllose Lenchtkäfer, oder Taschenkrebse bewegen sich
in ihrer seitlichen Gangart zwischen knrzeni Lchilf.

IVie sticht gegen dieses reiche Natnrleben die
Ornanientik der Nenaissane ab! Der v'egetabile
Fornienschatz begnügt sich fast ansschließlich niit einer
Pflanze, deni llkanthus. Gewiß sind die scharf-
gezahnten Akanthnsblätter, welche znerst griechische
 
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