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wo unser Ange dnrch drei lebensaroße Lignren ange-
zogen wird: die einos Schreibers mit dem Grisfel in
der löand, eines Töpfers, der den Tbon formt, und
eines Metallarbeiters, der mittels eines Nohres die
Kohlen anbläst. Die IViedergabe dieser Figuren ist
von photographischer Daturtrene, Uleidnng, Merkzenge,
sonstiges Znbehör sind in nrsprnnglichem Dtoffe ihnen
beigeaebein

Zn den ersten dlbteilungen des Daales iin Lrd
geschoß sind diese Dertreter indischer Beschästignnaen
nnd indischen Lcbens in verkleinertem Maßstabe zn
erbliekein bsier sind die Fiquren etwa einen halben
Fnß hoch, teils ans gebrannteni, teils ans ungebranntein
Thon gesertigt nnd nach der Natur bemalt. Akan
möchte sagen, die ganze Sninme menschlicher Beschäftig-
nngen sei durch diese Tinzelgestalten nnd Gruppen
erschöpsend dargestellt. Zeder aber steht, geht, sitzt
oder hockt in der ihm eigentümlichen Ltellnng, die Be-
wegung der Arme nnd bsände sprechen jene stumme
nnd doch so beredte Geberdensprache des Südens. Die
Grnppen geben interessante Darstellungen des indischen
!Lebens. bsier erblieken wir einen Akarkt in einem Dorfe.
Die bsänser sind mit Atroh gedeekt, die Mände bestehen
ans einem dichten Mattengeflecht. Die Straßen sind
eng, aber ein Gewühl branner, halbnaekter Gestalten
tnmmelt sich zwischen den znm Verkans ausgestellten
Lebensmitteln. Dazwischen schreitet schwerfällig nnd
schwerbeladen ein Llesant, ein Gespann weißgraner
Dchsen mit spitzen köörnern zieht den leichtqebanten
Rarren. Line andere Grnppe zeigt wasserschöpsende
Franen, welche die knqeligen Gesäße in das kühle
Naß tanchen und sie mit geschiekter Beweqnna znm
köaupte erheben.

Ls sehlt anch nicht an Darstellungen der düsteren
cheite des indischen Lebens. Line solche ist das „jsest
der Lchwinaenden", das jetzt von der englischen Mbrig-
keit weaen der furchtbaren freiwilligen Aasteiungen
der Büßer verboten worden ist. Dier senkrecht ge-
stellte Bambusstäbe, die oben nnd unten dnrch (Juer-
stäbe verbnnden sind, drehen sich nm einen in der
Mitte ausgepflanzten Psahl. An diesem leicht beweg-
lichen Gerüst, das dnrch Umdrehnng in beständiger
Bewegnng erhalten wird, hängen vier Menschen, zwei
eiserne Lsaken, in die Muskeln des Nüekens getrieben,
erhalten sie in schwebender nnd dnrch die Umdreh-
ung des Gerüstes schwingender Ltellnng. Unten
beweqt sich die Menge lebhaft gestiknlierend, singend
nnd betend. Line andere Darstellnng zeigt die Lr-
> mordnna eines Neisenden dnrch die Thngs. Diese
jetzt von der Negiernng nnterdrüekte Dekte betrachtete
die Tötnng eines Akenschen als eine religiöse bsand-
lnng im Dienste der Göttin Dnrva, nm der Aeber-
! völkernnq entgegenznarbeiten.

Die erste Zdee znr hserstellnng solcher Lzenen
nnd Lignren gab die fabrikmäßige lllnsertigung von
böeiliaenbildern, wie die lheiligenbücher der khindns sie
sür gewisse Tage des Zahres vorschreiben. Diese
Fignren werden von den Töpsern gemacht, einer der
neun Rlassen, welche die Raste der Aünstler bilden
nnd unmittelbar nnter den Brahminen stehen. Die
Maler särben sie dann, die Blnmenverkäuser schmüeken
sie mit Goldschanmzieraten. Der priester weiht sie,
indem er die besondere Gottheit, die sie darstellen,
anrntt. Neiche Lente setzten ihren Dtolz darin, diese

Lignren so schön nnd natürlich wie möglich zn haben.
Allmälig ging man dann weiter, Dzenen ans dem
Leben der Gottheiten darzustellen, endlich kopierte man
die Außenwelt, znerst ihre anffallenden Lrscheinnngen,

! dann die wohlbekannten, als Typen anfgesaßt. So
entwiekelte sich in einzelnen Städten diese Zndnstrie
der Thonfiguren nnd gewann dnrch die dlusmerksam-
keit, die ihr die Lnropäer schenkten, noch an Aus-
dehnnng. Seit der Nitte dieses Zahrhunderts haben
diese Lignren sast ans allen Iveltansstellnngen dlus-
sehen erregt. Arischnagar, eine Stadt unweit Ralkutta,
bringt die besten hervor. Die Äünstler stammen aus
einer dortigen Familie, arbeiten jedoch mit der Unter-
stütznng anderer lhandwerker, die bei der Iherstellnng
der Ansstattnng nnd des Zubehörs hilsreiche lhand
leisten müssen. Andere Ltädte haben in Nacheisernng
der Rünstlersamilie von Arischnagar ebensalls die Zn-
dustrie der Thonfignren aufaenommen. Darunter
zeichnet sich besonders Lrnknow ans, wo Früchte und
nnd Gemüse mit großer Naturwahrheit nachgebildet
werden. Die Lignren von Lueknow find ganz aus
gebranntem Thon gesertigt und darum danerhaster,
aber es sehlt ihnen der charakteristische Zng der Natnr-
trene, der die Lignren von Rrischnagar anszeichnet.
Zn Delhi gibt es einen Rünstler, der Schlangen aus
Terrakotta nachbildet nnd ihnen dnrch Bemalung mit
kvassersarben ein eigentümliches Leben verleiht.

IDir verlassen die 2lbteilungen der Thonfianren
und architektonischen Modelle nnd betreten eine lanae
Reihe von Gemächern, in denen die jD r o b e n
indischer Gewebe ansgestellt sind. Ans Baum-
wolle, Ivolle und Deide, Silber- nnd Goldsäden werden
die Dtoffe hergestellt. Menn man an die knnstlosen
Mebstühle znrückdenkt - ein paar Bambnsstäbe mit
Garn roh znsammengebnnden — deren Modelle man
soeben gesehen hat, so kann man fich nicht aenug
wundern, wie diese so seinen, so herrlich gemnsterten
Dtoffe darans gesertigt werden können. Die Zivilisation
des Mestens hat mit all ihren znsammengesetzten
Maschinen nicht erreicht, was die Mcnschenhand, sast
ohne kjilssmittel im Gsten hervorbringt. Nehmen wir
z. B. die Banmwollenmannsaktnr! Zene zarten Ge-
webe, die Mnsseline von Daeoa, die schon zn Dalomons
Zeiten in Zndien gewoben wurden, nnd denen die
perser die poetischen Benennnngeii: Fließendes Masser
nnd Abendthau gegeben haben, übertreffen immer noch
jede Nachahmung durch Leinheit nnd Ijaltbarkeit. Das
Gespinnst sür diese Mnsseline wird ans Banmwolle
gesertigt, die jahrelang gelaaert hat, nnd das Meben
kann nnr in der senchten Lust der Negenzeit geschehen,
da während der Troekenheit der Laden reißen würde.
Leider ist diese Manusaktur im Anssterben beqriffen,
man beqnüqt sich wegen der größeren Billigkeit mit
gröberen Ltoffen, die aus eingesührtem englischen
Twist gewebt sind. Lür die ursprünglichen, spinne-
webenseinen gab es besondere jDroben. Lin Ltüek
Aknsselin, zwanzig Aleter lang und ein Meter breit,
mußte dnrch einen Lingerring aezogen werden können.
Man erzählt von einem Dtüek Tnrbanmnsselin, das
ein persischer Gesandter sür seinen Lürsten ans Bengalen
mitbrachte, nnd das, obwohl es dreißia Meter lang
war, in einer Aokosnuß von der Größe eines Dtraußen-
eies Platz sand. Gröbere Alusseline nnd andere Banm-
wollenstoffe, die gefärbt, gemalt oder gedrnekt werden,
 
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