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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 15.1903-1904

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Plehn, Anna L.: Aus Berlin: Ausstellungssaal Balcke - Atelier Patriz Huber - Steglitzer Werkstatt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4871#0014

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AUS BERLIN

Wenn von denjenigen Stellen in Berlin die Rede
ist, an welchen neuerdings der Sinn für Einfachheit
gepflegt wird, so soll das Atelier Huber genannt
werden.

Anton Huber hat sich weiteren Kreisen zuerst in
der Turiner Ausstellung bekannt gemacht. Sein
Arbeitszimmer dort zeigte Sinn für zurückhaltende
Linienführung und dabei eine Neigung für das Zier-
liche ausgedrückt durch die Gesamtform des Möbels,
nicht durch Ornament. Das Gerät
zeigt Bedachtsamkeit im Verbrauch von
Material. Das spricht aus der Wahl
der Holzstärken in der Führung der
Profile, in dem Maß des Übergreifens
der Horizontalflächen über die senk-
rechten. Denselben Charakter zeigt auch
die Vorzimmereinrichtung für die Samm-
lung moderner Möbel im Warenhaus
Wertheim. Hier waren freilich durch
den Raum selbst der Ausbreitung be-
stimmte Grenzen gezogen. Wenn also
die einzelnen Stücke nicht groß sein
durften, so war das gewiß eine Vor-
schrift, in die der Künstler sich nicht
ungern fügte. Denn wie mir scheint,
kam sie seiner Eigenart entgegen. Es
liegt darin eine entschiedene Verwandt-
schaft der Begabung mit derjenigen
des so früh verstorbenen Bruders.
Darum ist es auch nicht Willkür zu
nennen, wenn der Überlebende das
Atelier, welches Patriz Huber nicht
lange vor seinem Tode in Berlin ge-
gründet hatte, unter der Bezeichnung
»Atelier Patriz Huber« weiter führt.
Es bleibt derselbe Geist, in dem dort
weiter gearbeitet wird.

Dieses Heft bringt die Abbildung
einer der letzten noch nicht veröffent-
lichten Arbeiten des so früh verstor-
benen Künstlers. Gerade diese in ihrer
Behandhandlung vornehm schlichte
Tischlerei ist sehr bezeichend für die
Richtung, die seine Entwickelimg nahm.
Früher gab es bei ihm viel mehr Hin
und Her der Linien. Auch einige sei-
ner Arbeiten für die Dannstädter Künst-
lerkolonie zeigten noch Anklänge an
diese Entwickelungsstufe. Aber daneben
gab es auch dort von derselben Hand
Möbel von ähnlich einfacher Konstruk-
tion wie dieser Gläserschrank. Es
werden von deutschen Künstlern meist
umfangreichere und auch stärker be-
wegte Typen aufgestellt. Eher ist hier
eine Übereinstimmung des Geschmackes
mit der jungen Wiener Schule. Aber
hier ist nicht das Spielerische, das an
der Donau einen so großen Raum
einnimmt. Es ist keine Stimmungs-
tischlerei, kein Verschwenden von vielen



'■::'

VASENSTÄNDER IN
SCHMIEDEEISEN, ENT-
WURF: HEINRICH BRANDT,
ARCHITEKT, HIRSCHGAR-

TEN-BERLIN, AUS-
FÜHRUNG: ALB. GOSSEN,
HOFLIEFERANT, BERLIN

winzigen Fächern für Nutzlosigkeiten, sondern ein
praktischer Aufbewahrungsort für Dinge des Gebrauchs.
Keine ängstliche Sorge um Originalität und doch eine
Form, die sich von allem Landläufigen unterscheidet.
Zuerst wird bemerkt die doppelte Seitenwand, welche,
in der vorderen Hälfte ausgeschnitten, den breiteren
und niedrigeren Teil des Schrankes wie aus einer
engumhüllenden Schale hervortreten läßt. Die Unter-
scheidung zwischen der unteren weiter vorspringenden
Horizontalplatte und der oberen, welche
ihrerseits größere Stärke hat und da-
durch steiler profiliert erscheint. Man
sieht, der äußere Kontur ist ziemlich
streng geschlossen, die feinere Durch-
bildung zeigt sich an den Flächen inner-
halb des Umrisses. Sie erscheint be-
sonders in Augenhöhe — auch dies
eine Feinheit -■ an den kleinen Türen
der oberen Fächer. Der flache Spiegel
der Füllung wird seitlich von zwei ge-
schwungenen Linien begrenzt. Die eine
gebildet durch eine Verbreiterung des
Rahmens nach oben hin, die andere
durch Schnitzerei aus der ursprüng-
lichen Stärke des Füllbrettes heraus
gewonnen. Diese beiden Konturen
nicht genau übereinstimmend, sondern
ähnlich, aber nach entgegengesetzten
Richtungen gekrümmt.

Endlich ein Hauptmerkmal des
Schrankes: die gläserneSchiebetür,durch
welche die gefällige Prahlerei der alten
Servante mit dem, was die Fächer ent-
halten, auf eine moderne, bequemere
Weise wiederholt wird. Keine Tür wird
sich also beim Öffnen lästig machen,
indem sie ins Zimmer vorspringt. Diese
Spiegelscheiben laufen in Metalleinfas-
sungen, so daß sich der »Türrahmen«
auf das denkbar geringste Maß zurück-
führen ließ. Die graue Metallfarbe
wiederholt als Beschläge auf dem röt-
lichen Holz der oberen Schrankfächer,
wo das Schlüsselschild die vorhin er-
wähnte Rahmenverbreiterung ausfüllt
und motiviert. Die Innenbekleidung
von grauem Ahorn wirkt hinter der
Glasscheibe in der Photographie un-
ruhiger als in der Natur.

Möbel von Anton Huber zeigen die
Abbildungen nur in Skizzenform als Be-
standteile der Interieurs. Aber auch so
läßt sich erkennen, daß für ihn der Be-
griff von Wohnlichkeit mit der Vorstel-
lung von kleinem Gerät verknüpft ist.
Auch in hohen und weiten Räumen —
und wie der Künstler in diesem Fall zu
ihnen kam, davon wird noch zu spre-
chen sein — stellt er kleine Sessel und
Tischchen auf mit zierlichem Stab-
werk zur Verbindung der Füße. Das
 
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