ENTWURF
VON
ALBIN MULLER,
MAGDEBURG
DIE SCHULE DES KUNSTHANDWERKERS
ALLENTHALBEN regt sich heute in den inter-
essierten Kreisen das Verlangen nach einem
gesunden, leistungsfähigen Handwerk. Freudig
ist es zu begrüßen, daß man zunächst bestrebt ist,
dem angehenden Handwerker neben einer gründlichen
Werkstattspraxis auch einen fachgemäßen Zeichen-
unterricht in den in Frage kommenden Schulen an-
gedeihen zu lassen. Es verlohnt sich über diesen
»fachgemäßen« Zeichenunterricht einiges zu sagen.
Wenn bei dem in den obligatorischen Fortbildungs-
schulen betriebenen Zeichenunterricht wegen des
Mangels an Zeit und geeigneten, fachmännisch ge-
bildeten Lehrkräften eine tüchtige Fachbildung von
vornherein ausgeschlossen ist, so will es mir doch
scheinen, als ob auch in den Handwerkerschulen
(Abteilung: Kunsthandwerker) der Unterricht im Fach-
zeichnen nicht immer die richtigen Bahnen wandle.
KunstgewerbcbJatt. N. F. XV. H. 6
In der löblichen Absicht, ganz Besonderes zu leisten,
wird oft über das Ziel hinausgeschossen. Man geht
selbst im Feuereifer so weit, das Entwerfen in den
Aufgabenkreis dieser Schulen hineinzuziehen, ein
Verfahren, das im Interesse des Handwerkes wohl
als ein verfehltes betrachtet werden muß. Wie ist es
möglich, einen Handwerkslehrling oder Gehilfen, der
nur an wenigen Abend- oder Sonntagsstunden dem
Unterricht beiwohnen kann und das meist im
Zustande der Ermüdung — in dieser beschränkten
Zeit so auszubilden, daß er später selbständig gute
Entwürfe herstellen kann? Andererseits ist der von
eifrigen Fachlehrern eingeführte Notbehelf, dem Schüler
im Fachunterricht eigene Skizzen zur Ausarbeitung
zu geben, so gut dies auch gemeint sein mag, weder
dem Schüler im einzelnen, noch dem Kunsthandwerk
im allgemeinen von Vorteil. Es ist dabei vor allem
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VON
ALBIN MULLER,
MAGDEBURG
DIE SCHULE DES KUNSTHANDWERKERS
ALLENTHALBEN regt sich heute in den inter-
essierten Kreisen das Verlangen nach einem
gesunden, leistungsfähigen Handwerk. Freudig
ist es zu begrüßen, daß man zunächst bestrebt ist,
dem angehenden Handwerker neben einer gründlichen
Werkstattspraxis auch einen fachgemäßen Zeichen-
unterricht in den in Frage kommenden Schulen an-
gedeihen zu lassen. Es verlohnt sich über diesen
»fachgemäßen« Zeichenunterricht einiges zu sagen.
Wenn bei dem in den obligatorischen Fortbildungs-
schulen betriebenen Zeichenunterricht wegen des
Mangels an Zeit und geeigneten, fachmännisch ge-
bildeten Lehrkräften eine tüchtige Fachbildung von
vornherein ausgeschlossen ist, so will es mir doch
scheinen, als ob auch in den Handwerkerschulen
(Abteilung: Kunsthandwerker) der Unterricht im Fach-
zeichnen nicht immer die richtigen Bahnen wandle.
KunstgewerbcbJatt. N. F. XV. H. 6
In der löblichen Absicht, ganz Besonderes zu leisten,
wird oft über das Ziel hinausgeschossen. Man geht
selbst im Feuereifer so weit, das Entwerfen in den
Aufgabenkreis dieser Schulen hineinzuziehen, ein
Verfahren, das im Interesse des Handwerkes wohl
als ein verfehltes betrachtet werden muß. Wie ist es
möglich, einen Handwerkslehrling oder Gehilfen, der
nur an wenigen Abend- oder Sonntagsstunden dem
Unterricht beiwohnen kann und das meist im
Zustande der Ermüdung — in dieser beschränkten
Zeit so auszubilden, daß er später selbständig gute
Entwürfe herstellen kann? Andererseits ist der von
eifrigen Fachlehrern eingeführte Notbehelf, dem Schüler
im Fachunterricht eigene Skizzen zur Ausarbeitung
zu geben, so gut dies auch gemeint sein mag, weder
dem Schüler im einzelnen, noch dem Kunsthandwerk
im allgemeinen von Vorteil. Es ist dabei vor allem
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