KOPFLEISTE
VON
ELLY HIRSCH,
BERLIN
KUNSTVOLLE LEDERARBEITEN
VERSCHIEDENER VÖLKERRASSEN
VON HEINRICH PRALLE
NEHMEN wir heute eine Zeitschrift für Kunst
und Handwerk zur Hand, so sehen und lesen
wir fast ausschließlich nur von solchen Arbeiten,
die Kunsthandwerker der Gegenwart angefertigt haben.
Es wird hierüber viel ge-
schrieben, gelobt, gepriesen,
teilweise selbst verhimmelt; doch
seltener tritt eine sachgemäße
Kritik ein.
Auch trägt öfter der even-
tuelle gute Ruf des entwerfenden
Künstlers viel dazu bei, den
nicht ganz sattelfesten Kritiker
zu bestimmen, seine Feder weni-
ger spitz zu gebrauchen. Man
spricht heut viel von persön-
lichem Schaffen, Originalarbeiten
u. s. w.; betrachten wir hierzu
im Gegensatz einmal das un-
geheuere Material von Überliefe-
rungen, sowie die uns fast zu
ersticken drohenden angehäuften
Lehrmittel, dann die uns stets
begleitenden und verfolgenden
Anregungen jeder Art.
Wir können unsere Blicke
wenden, wohin wir wollen, wir
mögen Werke und Gegenstände
betrachten von dem unbedeu-
tendsten Werte bis zu den ge-
waltigsten Schöpfungen, hervor-
gebracht durch ^die Hand des
Künstlers oder Handwerkers:
Alle Arbeiten zeigen uns ihre
Flächenformen und Konturlinien,
und unwillkürlich werden wir
mehr oder weniger beeinflußt,
etwas davon zu entnehmen; sie
sind dazu angetan, uns zu aller-
lei Kombinationen und Phan-
tasien, selbst der verwegensten
Art, anzuregen.
Vorstehendes wollte ich nur
FRAUENHOSE DER KORJAKEN
(NORDSIBIRIEN)
vorausgeschickt haben, um sagen zu können: Welcher
Künstler oder Kunsthandwerker schafft wohl ganz
original? Hier darf man wohl ganz bescheiden be-
haupten, daß derjenige, der solches von seinen Ar-
beiten sagt, sich vielleicht un-
bewußt selber die Unwahrheit
predigt.
Wir alle sind nicht gewapp-
net gegen äußere Einflüsse und
Anregungen. Es geht uns in
diesem Falle wie mit einem ge-
hörten Gesänge oder Musik-
stück, welche, wenn sie künst-
erisch hervorragend schön
waren, uns noch nach langer
Zeit in den Ohren klingen, so
daß selbst der musikalisch Ver-
anlagte ganze Stellen wieder-
geben kann; ist diese Wieder-
gabe auch meist abweichend (in
einzelnen Noten) vom Original-
stück, so hört man aber jeden-
falls eine Ähnlichkeit heraus.
Genau wie angeführt ein ein-
mal gehörtes Musikstück unauf-
gefordert zur beliebigen Zeit in
unser Gedächtnis zurückkehrt,
ebenso tauchen vor den Augen
des bildenden Künstlers und
Kunsthandwerkers einmal ge-
sehene schöne Arbeiten wieder
auf und unbewußt nimmt er hier-
von; auch hier ist die Wieder-
gabe abweichend viel schroffer,
als in vorstehendem Falle, ja
für die meisten gar nicht sicht-
bar; der scharfe Seher findet
aber doch die Ähnlichkeit heraus.
Solche Arbeiten sind keine
Kopien, aber original sind sie
auch nicht. Mir war nun in
jüngster Zeit Gelegenheit ge-
boten, mich eingehend mit künst-
VON
ELLY HIRSCH,
BERLIN
KUNSTVOLLE LEDERARBEITEN
VERSCHIEDENER VÖLKERRASSEN
VON HEINRICH PRALLE
NEHMEN wir heute eine Zeitschrift für Kunst
und Handwerk zur Hand, so sehen und lesen
wir fast ausschließlich nur von solchen Arbeiten,
die Kunsthandwerker der Gegenwart angefertigt haben.
Es wird hierüber viel ge-
schrieben, gelobt, gepriesen,
teilweise selbst verhimmelt; doch
seltener tritt eine sachgemäße
Kritik ein.
Auch trägt öfter der even-
tuelle gute Ruf des entwerfenden
Künstlers viel dazu bei, den
nicht ganz sattelfesten Kritiker
zu bestimmen, seine Feder weni-
ger spitz zu gebrauchen. Man
spricht heut viel von persön-
lichem Schaffen, Originalarbeiten
u. s. w.; betrachten wir hierzu
im Gegensatz einmal das un-
geheuere Material von Überliefe-
rungen, sowie die uns fast zu
ersticken drohenden angehäuften
Lehrmittel, dann die uns stets
begleitenden und verfolgenden
Anregungen jeder Art.
Wir können unsere Blicke
wenden, wohin wir wollen, wir
mögen Werke und Gegenstände
betrachten von dem unbedeu-
tendsten Werte bis zu den ge-
waltigsten Schöpfungen, hervor-
gebracht durch ^die Hand des
Künstlers oder Handwerkers:
Alle Arbeiten zeigen uns ihre
Flächenformen und Konturlinien,
und unwillkürlich werden wir
mehr oder weniger beeinflußt,
etwas davon zu entnehmen; sie
sind dazu angetan, uns zu aller-
lei Kombinationen und Phan-
tasien, selbst der verwegensten
Art, anzuregen.
Vorstehendes wollte ich nur
FRAUENHOSE DER KORJAKEN
(NORDSIBIRIEN)
vorausgeschickt haben, um sagen zu können: Welcher
Künstler oder Kunsthandwerker schafft wohl ganz
original? Hier darf man wohl ganz bescheiden be-
haupten, daß derjenige, der solches von seinen Ar-
beiten sagt, sich vielleicht un-
bewußt selber die Unwahrheit
predigt.
Wir alle sind nicht gewapp-
net gegen äußere Einflüsse und
Anregungen. Es geht uns in
diesem Falle wie mit einem ge-
hörten Gesänge oder Musik-
stück, welche, wenn sie künst-
erisch hervorragend schön
waren, uns noch nach langer
Zeit in den Ohren klingen, so
daß selbst der musikalisch Ver-
anlagte ganze Stellen wieder-
geben kann; ist diese Wieder-
gabe auch meist abweichend (in
einzelnen Noten) vom Original-
stück, so hört man aber jeden-
falls eine Ähnlichkeit heraus.
Genau wie angeführt ein ein-
mal gehörtes Musikstück unauf-
gefordert zur beliebigen Zeit in
unser Gedächtnis zurückkehrt,
ebenso tauchen vor den Augen
des bildenden Künstlers und
Kunsthandwerkers einmal ge-
sehene schöne Arbeiten wieder
auf und unbewußt nimmt er hier-
von; auch hier ist die Wieder-
gabe abweichend viel schroffer,
als in vorstehendem Falle, ja
für die meisten gar nicht sicht-
bar; der scharfe Seher findet
aber doch die Ähnlichkeit heraus.
Solche Arbeiten sind keine
Kopien, aber original sind sie
auch nicht. Mir war nun in
jüngster Zeit Gelegenheit ge-
boten, mich eingehend mit künst-