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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 15.1903-1904

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Plehn, Anna L.: Aus Berlin: Ausstellungssaal Balcke - Atelier Patriz Huber - Steglitzer Werkstatt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4871#0019

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AUS BERLIN

SCHRÄNKCHEN IN EICHENHOLZ,

ENTWURF: ALFRED ALTHERR, AUSFÜHRUNO:

MÖBELFABRIK DITTMAR, BERLIN

manchmal bei den Möbeln von Bruno und Paul
Kleinhempel.

Betrachtet man diese Möbel noch näher auf das
hin, was man im eigentlichen Sinn als Konstruktion
bezeichnen muß, nämlich die Zusammenfügungsstellen
der einzelnen Holzteile, so ergibt sich, daß jedes
einzelne Möbelglied aus seinem besonderen Stück
Holz gefertigt ist und daß nicht, wie dies in der
modernen Tischlerei so häufig vorkommt, die Form
eines Abschnittes sich über die geleimte Stelle fort
im Linienzuge des daranstoßenden Teiles fortsetzt.
Hier ist überall deutlich ausgedrückt: da und da hört
der Fuß auf und fängt die Tischplatte an. Das ist
ein Verfahren, welches jeden Widerspruch abschneidet.
Zudem ist es dasjenige, welches im alten Handwerk
üblich war, bis das Rokoko mit der Tradition brach.
Bei der neuen Speisezimmermöbeln der Steglitzer
Werkstatt (ausgestellt in der Kunstausstellung dieses
Sommers in Berlin) ist ein anderer Weg beschritten.
Da finden sich gerade an den Konstruktionsstellen
jene Anschwellungen und Umbiegungen der Konturen,
noch keine reich ausgebildeten Ornamente, aber die
Keime dazu, welche das Hinübergreifen der Form

von einem Stück Holz auf das andere zur notwen-
digen Folge haben. Immerhin handelt es sich hier
noch um keine deutlich individualisierten Gebilde,
etwa um die naturalistischen Pflanzenformen, welche
bei französischen Möbeln an diesen Stellen vorkommen.
Der Schnitt durch das Material, der sich in der Rich-
tungsänderung der Maser immer ziemlich deutlich ver-
raten muß, scheint für viele nicht besonders störend zu
sein. Wo das Ornament, das er zerreißt, bedeutungs-
los ist, wird jedenfalls am wenigsten gegen dies Ver-
fahren zu sein.

Von den Künstlern, die diese Möbel entwarfen,
hat Kleukens noch dazu sein besonderes Gebiet im
Metallgerät, auch hat er sich mit dem Teppich und
mit Glas beschäftigt. Ganz besonders bemerkenswert
sind seine Beleuchtungskörper. Man beachte die
originelle Befestigung der Glasbirnen an dem Eck-
schild, dessen Ornament so energisch nach der Zimmer-
mitte hinweist und dadurch eine Verbindung zwischen
den vier gleichen Lichtquellen herstellt. Hier ist
wenig Aufhebens von ihrer Unterbringung gemacht,
eine sehr moderne Auffassung, da das elektrische
Licht keiner großen Apparate bedarf. Jedenfalls in
Zimmern mit niedriger Decke sind sie entbehrlich.
Sonst aber faßt auch Kleukens gern eine Anzahl von
Flammen zu der hergebrachten Krone zusammen. Er
schließt sie dann durch reichliches Stab- und Reifen-
werk, durch breite Blechstreifen, in denen ausge-
schnittene Kranzornamente vorkommen, zu rechteckigen
oder zylinderförmigen Massen zusammen, indem er
die Befestigungsstellen der Metallteile aneinander mög-
lichst deutlich betont.

Hans Lehmann, der Plastiker der Gruppe, hat
auch hauptsächlich mit dem Metall zu tun. Auch
er sucht die in sich geschlossene Form, welche den
Zierat in Naturform eng mit dem Gerät verbinden
läßt. So benutzte er für die krönende Figur an der
Standuhr nicht das Motiv des Aufragens, sondern er
läßt sie ganz zusammenducken und mit dem Arm
nach unten langen, weil er hier eine Überschneidung
des knapp zusammengezogenen Konturs am Gerät-
körper braucht. Die zu fester Masse zusammengefaßten
Haare folgen der Armbewegung und dienen dazu,
das schlanke Glied fester mit dem Uhrgehäuse in
Verbindung zu setzen.

Klara Möller-Koburg widmet sich der Stickerei,
dem Entwurf von Frauen-Reformkleidung. Auch sie
läßt die Nadel nicht willkürlich spielen, sondern
pflegt ein streng beherrschtes Ornament. Sie wird
dazu besonders bewogen durch ihr Instrument, die
Maschine. Die Stickerei, welche heutzutage eine Er-
werbsquelle sein will, wird immer seltener mit der
von der Nadel freigeführten Hand geleistet werden
können. Die mechanische Arbeit wird ihr immer
mehr Gebiet streitig machen. Der Handarbeit bleibt
die immer sinnreichere Ausbildung künstlicher Tech-
niken und ihr mag auch das kapriziösere Muster vor-
behalten bleiben. Das Ornament der Maschinennaht,
wie Fräulein Möller es handhabt, zeichnet sich durch
ganz besondere Schlichtheit aus. Die vielfach wieder-
holten Punkte, Spiralen und Stäbchenmuster, die simple
 
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