DOI Artikel:
Erler, Margarete: Der moderne Fächer
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.4871#0242
DER MODERNE FÄCHER
K. K. FACHSCHULE FÜR SPITZENARBEITEN, WIEN
KLÖPPELARBEIT
KQL. SPITZENKLOPPEL-MUSTERSCHULE, SCHNEEBERO I. S.
FÄCHERENTWURF FÜR DUCHESSE-KLÖPPELEI, SCHÜLERARBEIT
das Werk, was sich
als Nälimaschinen-
stickerei dem Auge
zur Anlockung bot,
war meist von so
brutaler Geschmack-
losigkeit, Steifheit
und Dissonanz, daß
ein künstlerisches
Empfinden sich mit
Grauen abwenden
mußte und seine
Beachtung von vorn-
herein versagte.
Mehr durch Zufall
als suchend be-
rührten sich aber
schließlich doch
Künstlerseelen mit
den gebotenen Mög-
lichkeiten. Schnell ist sie eine willkommene Technik für
die geschmackvolle Ausführung vornehm künstlerischer
Arbeiten geworden; mancher schaffende
Künstler hat sie in seinen Ideengang
hineingezogen, sich alle Chancen nutzbar
gemacht und wiederum seinerseits her-
vorragende Anregungen gegeben.
Über den Wert und über das Inter-
essante der Technik eingehender zu spre-
chen, muß ich mir an dieser Stelle ver-
sagen, nur das möchte ich einer irr-
tümlichen Auffassung entgegensetzen,
welche bezweifelt, daß die Nähmaschinen-
stickerei nur annähernd zum Ersatz der
Handstickerei werden könnte. Die Näh-
maschinenstickerei ist künstlerisch, wenn
sie künstlerisch gehandhabt wird, und
die Handstickerei ist nur dann geistvoll
und kunstverständig, wenn ihr künst-
erische Ideen und Empfindungen zu-
grunde liegen, sonst bleibt auch sie leb-
los und geschmacklos. Die Maschine
selbst stickt nichts, was nicht die Hand
und der Kopf beabsichtigen zu sticken.
Im Gegensatz zu der Industrie-Stick-
maschine, welche durch einen Satz von
tausenden feststehenden Nadeln, die ein
Muster bilden, selbsttätig eine Stickerei
ausführt und nur von Menschenhand be-
dient zu werden braucht, werden hier
von der Nähmaschine diejenigen Apparate
entfernt, welche ein Nähen auf Stoff
sonst ermöglichten, und lediglich durch
die kunstvolle Führung des Stoffes ent-
steht nunmehr die Stickerei, wie sie in
der Hand durch die kunstvolle Füh-
rung der Nadel entstehen würde. So
kann all das Willkürliche und Persönliche
einer künstlerischen Handstickerei, bei
der die Hand und der Kopf beständig
impulsiv weiterschaffen, auch in der Näh-
maschinenstickerei
zum Ausdruck ge-
langen, wenn die
stickende Hand bei
voller Beherrschung
ihrer Technik sich
von lebendigem
künstlerischen Geist
leiten läßt, der seinen
Ausdruck schon im
Entwurf gefunden
hat.
DieserEinsichtfoI-
gend, schrieb imjahr
1902 der Verein
Deutscher Nähma-
schinenfabrikanten
einen Wettbewerb
zur Erlangung von
Stickereien nach
künstlerischen Ent-
würfen aus und gab dadurch den lobenswerten
Anstoß, die Nähmaschinen-Kunststickerei nicht mehr
K. K,
FACHSCHULE FÜR SPITZENARBEITEN, WIEN
FÄCHER IN POINT A L'AIOUILLE
K. K. FACHSCHULE FÜR SPITZENARBEITEN, WIEN
KLÖPPELARBEIT
KQL. SPITZENKLOPPEL-MUSTERSCHULE, SCHNEEBERO I. S.
FÄCHERENTWURF FÜR DUCHESSE-KLÖPPELEI, SCHÜLERARBEIT
das Werk, was sich
als Nälimaschinen-
stickerei dem Auge
zur Anlockung bot,
war meist von so
brutaler Geschmack-
losigkeit, Steifheit
und Dissonanz, daß
ein künstlerisches
Empfinden sich mit
Grauen abwenden
mußte und seine
Beachtung von vorn-
herein versagte.
Mehr durch Zufall
als suchend be-
rührten sich aber
schließlich doch
Künstlerseelen mit
den gebotenen Mög-
lichkeiten. Schnell ist sie eine willkommene Technik für
die geschmackvolle Ausführung vornehm künstlerischer
Arbeiten geworden; mancher schaffende
Künstler hat sie in seinen Ideengang
hineingezogen, sich alle Chancen nutzbar
gemacht und wiederum seinerseits her-
vorragende Anregungen gegeben.
Über den Wert und über das Inter-
essante der Technik eingehender zu spre-
chen, muß ich mir an dieser Stelle ver-
sagen, nur das möchte ich einer irr-
tümlichen Auffassung entgegensetzen,
welche bezweifelt, daß die Nähmaschinen-
stickerei nur annähernd zum Ersatz der
Handstickerei werden könnte. Die Näh-
maschinenstickerei ist künstlerisch, wenn
sie künstlerisch gehandhabt wird, und
die Handstickerei ist nur dann geistvoll
und kunstverständig, wenn ihr künst-
erische Ideen und Empfindungen zu-
grunde liegen, sonst bleibt auch sie leb-
los und geschmacklos. Die Maschine
selbst stickt nichts, was nicht die Hand
und der Kopf beabsichtigen zu sticken.
Im Gegensatz zu der Industrie-Stick-
maschine, welche durch einen Satz von
tausenden feststehenden Nadeln, die ein
Muster bilden, selbsttätig eine Stickerei
ausführt und nur von Menschenhand be-
dient zu werden braucht, werden hier
von der Nähmaschine diejenigen Apparate
entfernt, welche ein Nähen auf Stoff
sonst ermöglichten, und lediglich durch
die kunstvolle Führung des Stoffes ent-
steht nunmehr die Stickerei, wie sie in
der Hand durch die kunstvolle Füh-
rung der Nadel entstehen würde. So
kann all das Willkürliche und Persönliche
einer künstlerischen Handstickerei, bei
der die Hand und der Kopf beständig
impulsiv weiterschaffen, auch in der Näh-
maschinenstickerei
zum Ausdruck ge-
langen, wenn die
stickende Hand bei
voller Beherrschung
ihrer Technik sich
von lebendigem
künstlerischen Geist
leiten läßt, der seinen
Ausdruck schon im
Entwurf gefunden
hat.
DieserEinsichtfoI-
gend, schrieb imjahr
1902 der Verein
Deutscher Nähma-
schinenfabrikanten
einen Wettbewerb
zur Erlangung von
Stickereien nach
künstlerischen Ent-
würfen aus und gab dadurch den lobenswerten
Anstoß, die Nähmaschinen-Kunststickerei nicht mehr
K. K,
FACHSCHULE FÜR SPITZENARBEITEN, WIEN
FÄCHER IN POINT A L'AIOUILLE