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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 27.1915/​1916

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Schürmeyer, Walter: Die Bibliothek J. H. Jeidels
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https://doi.org/10.11588/diglit.4828#0118

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Anneliese Wildeman, Bonn Die Flucht nach Ägypten

(Beschreibung S. 117)

1520, das nach dem Miniaturwerk, welches heute in der
Bibliothek zu Aschaffenburg liegt, herausgegeben wurde.
Letzteres ist nur in einem Faksimiledruck (München 1889)
und einer gemeinsamen Ausgabe mit dem Wittenberger
Heiligtum aus dem Jahre 1618 vorhanden. Ebenso ist das
Wiener Heiligtumsbuch nur durch einen Faksimiledruck
vertreten. Auch die ursprüngliche in Augsburg erschienene
Ausgabe der Heiligtümer des hl. Berges Andechs in Bayern
fehlt. Jedoch finden sich die Schätze von Andechs in dem
Chronicon Andecense von 1595 und 1611, und in den beiden
Beschreibungen des Berges Andechs, Augsburg 1781 und
München 1797. Auch die Aachener Heiligtümer finden sich
in der Stadtchronik von Noppius, von der die Bibliothek
die Ausgabe von 1643 besitzt. Sehr interessant dürfte ein
mäßiger handschriftlicher Folioband sein mit dem Titel:
»Wie das hochwürdigste auch Kayserliche Heyligthumb und
die großen Römischen Gnad darzu geben ist, alle Jahr
ausgeruffen und geweisst wird in der Löblichen Stadt
Nürnberg«. Das Manuskript stammt aus dem 17. Jahr-
hundert und ist eine deutliche Abschrift des 1493 von Hanns
Mayr in Nürnberg gedruckten Heiligtumsbuchs. Es enthält
24 mit Wasserfarben kolorierte Federzeichnungen nach den
alten Holzschnitten. Angehängt ist eine Beschreibung der
Reichskleinodien von derselben Hand mit 7 Blatt kolorierten
Federzeichnungen. Am Ende des Bandes sind noch einige
Einblattdrucke der Reichskleinodien uud Heiligtümer ein-
geklebt.

Von den ausländischen Kirchenschätzen lenken die
großen Reichtümer der Abtei von Saint-Denis, der alten
Begräbnisstätte der französischen Könige, die Aufmerksam-
keit auf sich.

Mit dem Eindringen der neuen Formensprache der
Renaissance und dem Geiste des Humanismus beginnt
die Künstlerpersönlichkeit sich aus der zünftigen Gebunden-

heit zu lösen. In Deutschland verschafften sich
die Goldschmiede Wenzel Jamnitzer und Anton
Eisenhoit Ruf und Namen. Nach italienischem
Vorbild bemühten sich viele Künstler des 17.
und 18. Jahrhunderts Künstler und Theoretiker
zugleich zu sein. Wenzel Jamnitzer verfaßte
eine Perspectiva corporum regularium. Das ist
eine fleißige Fürweisung, wie die fünf regu-
lierten Körper, davon Plato in seinem Timaeo
und Euclides in seinem elementis schreibt u.s.f.,
durch einen sonderlich neuen und behenden
und gerechten Weg, der vor nie ist gesehen
worden, gar künstlich in die Perspektiva ge-
bracht. Und dazu eine schöne Anleitung, wie
aus denselben fünf Körpern ohne Ende gar
viel andere Körper mancherlei Art und Gestalt
gemacht und gefunden werden mögen. Nürn-
berg 1568. Die fünfzig Tafeln des Werkes
wurden von Jost Amman nach Zeichnungen
von Jamnitzer geäzt. Dürers bekanntes Werk
von der Messung ist mit der Lehre von der
menschlichen Proportion und einer Anweisung
zur Stadtbefestigung zusammengebunden. Im
übrigen sind derartige Bücher, die letzten Endes
nur einen Formenkanon für Handwerker, und
Goldschmiede insbesondere, darstellen, keine
Seltenheiten. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts
entstand eine reiche Literatur dieser Gattung.
So finden wir beispielsweise in dieser Biblio-
thek Rodlers Unterweisung der Kunst des
Messens mit dem Zirkel, Richtscheit und Li-
neal, wobei auch die Perspektive behandelt
wird (gedruckt zu Simmern auf dem Hunsrück
1531 und zu Frankfurt a. M. 1546); des Frank-
furter Goldschmieds und Malers Heinrich Lautensack Unter-
weisung des Zirkels und Richtscheits der Perpektiva und
Proportion der Menschen und Rosse (1569); die Perspek-
tiva des Hans Lencker zu Nürnberg (1571) und eine kri-
tische Bibliographie der Perspektive mit Auszügen aus den
betreffenden Werken gedruckt zu Nürnberg durch Valentin
Fuhrmann 1599.

Früher und selbstbewußter hatte sich in Italien das
Individuum losgelöst und der Persönlichkeit Geltung zu
verschaffen gewußt. Daher gingen auch von Italien die
ersten umfassenden kunstbiographischen Versuche aus. Die
Vitae des Vasari sind die bekanntesten. Sie sind neben
einer deutschen Übersetzung (Tübingen 1832—49) in der
schönen und seltenen ersten Ausgabe (Florenz 1550) und
der ebenfalls gesuchten zweiten Ausgabe (Florenz 1568)
vorhanden. Für die italienische Goldschmiedekunst des
Cinquecento bedeutet Benvenuto Cellini unstreitig einen
Höhepunkt, wenngleich er seinen Ruhm weniger seinen
Werken als der populär gewordenen Autobiographie ver-
dankt. Von größeren Edelmetallarbeiten wird Cellini mit
Sicherheit nur das berühmte Salzfaß Franz' I. im Wiener
Hofmuseum zugeschrieben. Über die Werke des Künstlers
gibt eine reiche Literatur Aufschluß. Es lohnt aber, noch
einen Blick auf die von Cellini verfaßten Schriften zu
werfen, die der ehemalige Besitzer mit möglichster Voll-
ständigkeit zu sammeln gesucht hat. Sein bewegtes und an
Abenteuern reiches Leben hat Cellini in seiner 1558 be-
gonnenen Selbstbiographie niedergeschrieben und später
seinem Schreiber diktiert. 1562 war das Manuskript ab-
geschlossen. Das Original — lange Zeit für verloren ge-
halten (auch Goethes Übersetzung beruht auf einer unge-
nauen Kopie) — befindet sich in der Laurenziana in Florenz.
Cellinis Selbstbiographie ist nicht nur die Hauptquelle für
die Kenntnis des Lebens und Werkes des Meisters, sondern

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