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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 27.1915/​1916

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Hillig, Hugo: Kunstgewerbliche Symbolik, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4828#0159

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waren eine Sekte religiöser Schwärmer in frühchristlicher
Zeit, die namentlich in Asien auftraten und die sich be-
sonderer Offenbarung rühmten). Auch Baphometzeichen
wird das Hakenkreuz genannt und darin liegen nicht we-
niger mystische Andeutungen. Im Altenglischen erhielt es
den Namen Vielfuß (Fylfoot), und tatsächlich gibt es solche
Ornamente, die mehr als drei und vier Füße haben. Es
ist in vorchristlicher Zeit, lange vor dem 13. Jahrhundert,
schon in Kleinasien, in Griechenland und Sizilien auf
Münzen angewendet; in derselben Zeit ist es Beigabe in
Gräbern bei germanischen und slawischen Völkern, es findet
sich als Abwehrzeichen neben dem Thorshammer, der auch,
wie das Hakenkreuz oder die Triquetraornamente, Sonnen-

bei Stadt-, Familien- und Zunftwappen ist dieses Ornament
nicht selten. Ja, auch in vielen altjapanischen Familien-
wappen ist dieses Ornament der drei, vier oder fünf in
Drehrichtung gezeichneten Glieder wieder zu erkennen.
Interessant ist es, wie ein deutscher Künstler der Re-
naissance, Peter Flötner, in der ersten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts dieses Motiv umwertet. Aus früherer Zeit sollen
noch Triquetraornamente erhalten sein, die drei laufende
Männer oder drei mit den Ohren zusammengewachsene
Hasen zeigen; da mir solche Beispiele nicht bekannt sind,
habe ich diese Motive nach den literarischen Andeutungen
gezeichnet. Die Einfügung von lebenden Wesen in drei-
facher Stellung ist schon sehr alt. Interessant ist es, in
wie verschiedener Weise das mit Fischen geschehen ist,
es gibt auch Familienwappen, die drei Fische in dieser
Anordnung enthalten. Schließlich wird auch die Vermutung
nicht von der Hand zu weisen sein, daß der Drei- und

Ornamente aus dem Triquetrium und dem Drehkreuz entwickelt.
1: Leuchterbemalung; 2 — 4: Japanische Familienwappen; 5: Von einem
bemalten Mangelbrett aus Schleswig im Flensburger Museum; 6—8: Japa-
nische Familienwappen.

symbol war, auf Grabsteinen eingemeißelt. Später steht
es auf Gewölbeschlußsteinen und als Stickerei auf Priester-
ornaten. Ferner ist es anzutreffen in altchristlicher Zeit
auf bronzenen Grabplatten und in Katakombenmalereien,
schon vor der Zeit Konstantins d. Gr. Ein Triquetramotiv,
mit einem Medusenhaupt in der Mitte, ist das Stadtwappen
Palermos. Triquetraornamente wurden in der fränkischen,
niedersächsischen und skandinavischen, auch, wie schon
angedeutet, in der altenglischen Volkskunst angewendet.
Nur bei den Ägyptern, Chaldäern und Phönikern kommt
es nicht vor. Was es bedeuten soll, außer seiner sicheren
Deutung als Sonnensymbol und Glückszeichen, ist sehr
schwankend; man sieht auch den Rest einer Menschen-
darstellung darin, dann hält man es für ein Symbol des
Wassers, des Gewitters, des Blitzes, der Feuererzeugung,
oder für ein Schriftzeichen, ein Geschlechtszeichen, eine
Hieroglyphe des Lebens und des Heils. In der Heraldik

Vierpaß der Gotik auf die Drehkreuze zurückzuführen ist;
ebenso wie die Fensterrose ein Erbstück aus vorchristlicher
Zeit ist, können es diese typischen gotischen Maßwerk-
formen auch sein.

Denn sowohl das Kreuz, als die auch acht- oder zwölf-
sprossige Fensterrose gehen auf das Sonnensymbol zurück,
wie eben auch die Hakenkreuzform ihr Urbild in dem um
das bekannte Erdall rollenden Sonnenkörper hat. Das
ältere Sonnensymbol war die Scheibe, wie sie in der
ägyptischen Ornamentik, mit heiligen Uräusschlangen und
mit weit gebreiteten Flügeln umgeben, ein schönes und

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Symbolformen, vom Speichenkreuz und vom Hakenkreuz entwickelt.

Tierornamenle aus dem Triquetrium.

1: Motiv aus Theben; 2: Fischteller aus dem 3.—2. Jahrh. vor Chr.,
apulische Arbeit (Museum f. Kunst und Gewerbe, Hamburg); 3 : Schweizer
Tonschüssel, 17.—18. Jahrh. (Museum f. Kunst und Gewerbe, Hamburg);
4, 5: Rekonstruktionen; 6—9: Japanische Familienwappen; 10: Typo-
graphische Verzierung von Peter Flötner (gest. 1546).

Kunstgewerbeblatt. N. F. XXV11. H. 8

bekanntes Motiv abgibt. Die ägyptische Sonnenscheibe
war auch ein Symbol des Sieges des Guten über das Böse.
Scheibenförmig waren auch die ältesten Räder, und noch
heute gilt es als ein Zeichen der kulturellen Primitivität
in Dalmatien, daß man dort noch vielfach scheibenförmige
Wagenräder hat. Das astronomische Zeichen für die Sonne
ist ja heute noch ein Kreis mit einem Mittelpunkt.

Dieser Kreis wird nun im Laufe der Zeit mit weiteren
symbolischen Dichtungen umgeben, die sich aber bei ge-
nauerem Zusehen immer wieder auf das eine, das Weltall —
die Welt ist rund — beziehen. Der Kreis ist die Unend-
lichkeit und die Ewigkeit, das Zurückkehren in den Anfang.
In der germanischen Mythologie entsteht das Bild der
Schlange, die sich in den Schwanz beißt; es ist die Schlange
Jörmungandr (sie heißt auch Midgardschlange), ein Ge-
schwister des Fenriswolfes, die in der Götterdämmerung

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