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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 27.1915/​1916

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4828#0169

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zeigt Hübener gerade vom Werkzeug aus Stilreinheit der
Technik. Darin liegt ein hohes Verdienst des Buches.
Dazu gesellt sich naturgemäß eine übersichtliche Darstel-
lung der Materialeigenschaften.

Auf dieser Grundlage entwickelt sich eine klare Prä-
gung und Verdeutlichung jeder der zahlreichen Techniken,
die jeweils als eigens in sich gefügtes Gebäude in leichter
Verständlichkeit vor unserem Auge entstehen. Nach einer
eingehenden Anleitung über allgemeine handwerkliche
Grundlagen beschäftigt sich der Verfasser im Kapitel der
Technik des Gravierens in besagter Weise zunächst mit
dem Flachstich. Seine berechtigte Forderung einer guten
Aufzeichnung und seine weitere Andeutung, daß erst der
Meister des Gravierens seine Aufgabe, angeregt durch
Material und Technik, vollendeter im Ausdruck lösen wird
als vielleicht die Zeichnung, bietet Gewähr für gute Aus-
bildung und Vermeidung von dilettantischen Unvollkommen-
heiten. Das Schriftstechen wird an verschiedenen Schrift-
arten bis zu Monogrammen und Signets ausreichend
behandelt. Die reichen Ausdrucksmittel des gravierten
Ornaments entwickeln sich vom Gesichtswinkel der Tech-
niken aus eindeutig und verständlich. Damaszieren, Facet-
tieren, Gravieren auf Taschenuhren, Silber- und Neusilber-
damaszieren, Ringgravieren, Reperce und Halbreperce, das
Flachgravieren in den Vervielfältigungstechniken, endlich
der Gold- bzw. Schwarzdruck, all dies wird vom Stand-
punkt des Fachmannes aus betrachtet. Demgegenüber tritt
die wesentlich anders, d. h. körperlich geartete Relief-
gravierung, klar ins Bild. Auch hier wiederum die Cha-
rakterisierung der Technik vom Werkzeug, den Punzen,
Feilen, Meißeln und Sticheln aus. In Hinsicht auf das
Stahlgravieren, dem eine wesentliche Bedeutung in der
Bijouterieindustrie zukommt, wäre vielleicht ein noch wei-
teres Eingehen, auch auf das Modellieren als Voraussetzung
sowie auf die Technik selbst erwünscht gewesen; dagegen
ist es sehr erfreulich, daß in bezug auf Medaillen und
Münzen auf die Mängel der Reduzierungsmaschine hin-
gewiesen wird. Eine Reihe von flott gezeichneten Tafeln
ergänzt das Werk.

Der theoretische Teil ist leider nicht so geglückt. Bei
seiner Beurteilung fällt allerdings in die Wagschale, daß
er vor allem jüngeren Leuten als Hinweis dienen soll.
Trotzdem sind die Leitsätze über die Kompositionen denn
doch etwas zu einseitig. In der Farblehre wären an Stelle
der wenig praktischen Andeutung über Harmonien ein-
facher diese selbst gegeben worden. Im Kapitel über die
Stile findet sich manches Anfechtbare, z. B. die Behauptung,
daß der letzte große Stil, der geschaffen wurde, die Re-
naissance gewesen sei. Auch mit den darauf fußenden
Folgerungen in bezug auf die künftige Stilentwicklung
kann man sich nicht einverstanden erklären. Die Forde-
rung, »die Gegenwart sollte geschlossen auf die Renaissance
und Antike zurückgreifen«, mutet denn doch zu weltfremd
an; auch die Feststellung Hübeners, daß wir in der
Baukunst und Ornamentik in der Gegenwart einen Neu-
renaissancestil geschaffen hätten, ist absonderlich. Es ist
bedauerlich, daß in einem sonst grundlegenden Werke
Ziele aufgestellt werden, die gerade unsere moderne Kunst-
entwicklung von Anfang an verneint hat. In dieser Hin-
sicht wurde sicher kein »Spiegelbild« der gegenwärtigen
Lage gegeben, wie es der Verfasser zu zeichnen vorgibt.
Man wünschte vielmehr, er hätte sich um die Entwicklung
und die großartigen Beweise des Fortschreitens der mo-
dernen Errungenschaften etwas mehr umgetan. Glück-
licherweise ist der in Frage stehende Teil des Buches der
kleinere und weniger wichtige, so daß der gute Eindruck
im praktischen Teil dadurch nur wenig geschwächt wird.

Prof. Ludwig Segmiller.

Deutsches Warenbucb. Preis 2 M. 50 Pf.

Das Deutsche Warenbuch, herausgegeben von der
»Dürerbund-Werkbund-Genossenschaft« in Hellerau, hat in
der Tages- und Fachpresse und in brieflichen Zuschriften
namhafter Volkswirtschaftler eine günstige und förderliche
Beurteilung erfahren. Nur die »Münchener Neuesten Nach-
richten« und die »Münchener Post« eröffneten in längeren
Aufsatzreihen zum Teil unter der Überschrift »Ein Gewalt-
streich gegen das deutsche Wirtschaftsleben« und mit
ähnlichen Schlagworten Angriffe, die von völlig falschen
Voraussetzungen ausgingen und eine unverantwortliche
Unkenntnis der wirklichen Zusammenhänge verrieten. Der
Deutsche Werkbund gab darauf folgende sachliche Klar-
stellung in der Münchener Presse:

»Gelegentlich des von der Dürerbund-Werkbund-Ge-
nossenschaft herausgegebenen Deutschen Warenbuches sind
in einer Artikelserie, die ,Ein Gewaltstreich gegen das
deutsche Wirtschaftsleben' überschrieben ist, folgende Vor-
würfe ausgesprochen worden:

1. Der Deutsche Werkbund sei eine Aktiengesellschaft',
ein ,Erwerbsverband', ein ,mit geschäftlich beteiligten Künst-
lern verzierter Trust', der ,einen Beutezug vorbereite', ein
,Kapitalistenkonzern'.

Das Gegenteil von all dem ist richtig, nämlich: Der
Werkbund betreibt keinerlei Erwerb noch Geschäft, hat
auch kein ,Hellerauer Unternehmen', noch besitzt er irgend
welche Aktien. Der Werkbund hat kein anderes kapita-
listisches' Einkommen als die regelmäßigen Jahresbeiträge
seiner Mitglieder: der Mindestbeitrag beträgt 10 Mark und
der Durchschnittsbeitrag ist 20 Mark. Das ist alles! Die
Verwendung dieser Mitgliedsbeiträge ist aus dem jedes
Jahr der Jahresversammlung öffentlich vorgelegten Haus-
haltsplan ersichtlich: die Einnahmen decken die Bürokosten
der Geschäftsstelle, dienen der gelegentlichen Veranstaltung
von öffentlich ausgeschriebenen Wettbewerben und der
Herausgabe der Jahrbücher des Werkbundes (unter dem
Selbstkostenpreis). Da der Werkbund gar keinerlei Ge-
schäft macht, so kann auch von einer geschäftlichen Be-
teiligung' oder Interessiertheit ,seiner Künstlermitglieder'
gar keine Rede sein. Die völlige Uneigennützigkeit des
Deutschen Werkbundes wird durch ein Gerichtsurteil be-
stätigt werden; für den Dürerbund ist sie nach genauer
Prüfung durch das kgl. sächsische Finanzministerium be-
reits staatlich anerkannt worden.

2. Das Deutsche Warenbuch sei ein Beweis für den
Charakter des Deutschen Werkbundes als ,eines mit den
derbsten Boykottmitteln arbeitenden Trustes'; es berück-
sichtige ,nur die, die als Abnehmer und Verbreiter von
Trusterzeugnissen dem Trust Zinsen'; ebenso seien aus-
geschlossen die Hersteller, die sich dem Trustunternehmen
nicht anschließen wollten oder konnten'.

Die nackten Zahlen mögen dagegen die tatsächlichen
Verhältnisse beweisen: von den 190 Fabrikanten und Her-
stellern, die in dem Deutschen Warenbuche vertreten sind,
gehören nur 32 dem Werkbunde an; und von den 160
Händlern des Warenbuches (als den Abnehmern und Ver-
breitern) 10! Auch dieses Zahlenverhältnis beweist das
gerade Gegenteil von Eigennützigkeit'.

3. Die ,Reklame des Deutschen Warenbuches komme
nur einem einzigen Münchener Geschäfte zugute'. Aller-
dings! aber nur deshalb, weil von allen wiederholt zur
Beteiligung aufgeforderten Münchener Firmen nur diese
eine sich gemeldet hat!

Zur Sache selbst sei kurz die Entstehung und das Ziel
des Warenbuches gekennzeichnet: Im Jahre 1912 hatte der
Dürerbund die Gemeinnützige Vertriebsstelle deutscher
Qualitätsarbeit gegründet; bald drohten ihr aber Schwierig-
keiten von seiten der Fabrikanten wie der Händler. Daraus

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