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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 4.1928

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Reitz, Leopold: Der Kurfürst wird kurios kuriert
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https://doi.org/10.11588/diglit.29785#0022

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Seidenportiere vor dem Bett und zerrte entschlossen an den Kissen. —
„Ja, ja, Herr Kurfürst, mit Verlaub, so muß er ja versticken." Dem
Kranksn bot sich die starke Stimme wie eine aushelfende Hand in seine
Erschöpsung hinunter, und er setzte sich interessiert auf, um den Menschen
zu betrachten, dem soviel Trefflichkeit aus der Stimme klang. Da hatte
sich Groß mit wehrenöen Händen gegen den Schwarm dsr Höflinge ge-
wendet, dis hinter ihm hereingebuckelt waren, und indem er gelassen aus-
rief: „Äber ihr Leut, ich muß zu meinem Gefchäft allein sein", schob
er sie allesamt hinaus und den Leibarzt mit.

6nstruktion für gutes Venehmen

Wir hätten nun von der solgenden Kur nimmermehr Erfahrung, wenn
nicht die Herren und Damen des Hofes per Distanze durchs Schlüssel-
loch Zsuge geworden wären von Geschehnissen. hinter welchen der
Doktor und Patient feierlichst die Hände zur Schweigepflicht ineinander
gelegt hatten.

Genau nach Anciennität traten sie am Guckloch an und stahlen sich
die Blicke. Der Obristhvfzeremonienmeister als erster: „Wie respektlos
seine Anrede ist und habe es ihm doch durch den Leibarzt lassen vor-
sprechen, daß er keinen Fauxpas tut! Der Dauerntrsmmel, wie er Seine
Durchlaucht beglotzt, als gelte es eine Kuh zu taxieren!" Der Oberst-
kämmerer: „Ein Skandal, der Rauhbautz greift an ihm herum, als ob er
einen Ochsen nach dem Schlachtgewicht abschätzte; der hochseligen Ahnen
Konterfei muß davor das Angesicht verbergen."

Die Hofdamen kamen an die Reihe, und die erste rief: ,Mon Oieu,
er reißt Seiner Durchlaucht krencdemenr die Decken vom Leib!"

Die zweite: „Er zieht Seiner Durchlaucht das Hemd von der Dlöhe!"

Die dritte: „Herrgott ich danke dir, nun haben meine Augen Seine
erhabene Aacktheit gesehen!"

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