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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 4.1928

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Gilardone, Georg: Vier wiedergefundene Zeugen der Königsherrlichkeit Friedrich V.
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https://doi.org/10.11588/diglit.29785#0097

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Vier wiedergefundene Zeugen
der Königsherrlichkeit Zriedrich V.

Von Georg Gilardone-Münchon ^

^Rascher ist kaum jemals ein Königstraum zerstoben wie der des
jungen Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz und seinec ehrgeizigen
Frau Elisabeth, öer „schönen Pfalzgräfin", wie sie noch heute im Dolks-
mund des unteren Neckartales heißt.

Den Winterkönig hat die Geschichte den begabten und für seine Zeit
anständig öenkenden, aber oberflächlichen Fürsten genannt, denn nur den
einen Winter 1619/20 überdauerte die kurze Königsherrlichkeit im „gol-
denen Prag", um mit der ersten Schlacht des Dreißigjährigen Krieges
jäh zu enden. Lange noch klagten die armen Pfälzer darüber, daß ihr
Kurfürst dem böhmischen Hochadel die schöne Pfalz „eingebrockt" habe
und dazu dem deutschen Daterland eine Kriegssuppe, an der dieses Land
dreißig lange Jahre zu löffeln hatte, abgesehen von den fast hundert-
jährigen Folgen, die diefer Krieg hinterließ.

Zerstoben schienen auch seit langem in alle Winde die vergänglichen
Zeugen jenes prunkenden Pompes, der dem innerlich so gleichgearteten
Fürstenpaar aller Jnhalt fürstlichen Lebens gewesen war, wie ja auch
sonst innerlich faule Autorität durch den Schein der Repräsentation die
Schwäche und Haltlosigkeit ihres Seins zu verdecken sucht in einer Ent-
artungszeit, wo die Schale mehr zu gelten pflegt wie der Kern.

älnd dvch sollten sich an drei weit auseinanderliegenden Orten
Europas, getrennt öurch Länder und Meere, vier in der Hauptsache gleich-
artige Prunkstücke wiederfinden lassen, die jene fernen, kurzen Sonnen-
tage des böhmischen Königstraums miterlebt haben, vom prahlenden
Auszug aus öem herbstlich weinfrohen Heidelberg bis zur Vernichtungs-
schlacht anr Weißen Derge vor den Toren Prags.

Shstematischer Forscherarbeit in der alten Abteilung des Münchner
Armeemuseums, allerdings unterstützt durch die Gunst freundlicher Zu-
fälle, ist es nämlich gelungen, vier von den farbenprächtigen Lrompeten-
fahnen wieder aufzufinden, die der pfälzischen, berittenen Leibgarde des
Winterkönigs vorausflatterten. Alle vier haben sie mehr oder weniger
bewegte Schicksale durchgemacht, ehe sie einen letzten sicheren Port zum
Ausruhen fanden. Heute schmückt eine der Trompetenfahnen, in ein
kleines Gebetsschemelkissen umgearbeitet, den Maximilian-l.-Saal des
Münchener Armeemuseums, eine zweite prangt — zu Anrecht an einer
Standartenstange befestigt — in der stolzen Bannerpracht der Ritter-
holmkirche zu Stockholm, wohin sie als eine „bayerische" Drophäe aus dem
Dreißigjährigen Krieg irrtümlicherweise gebracht wurde, während die
letzten beiden in der stillen Dorfkirche zu Kungsara in Westermannland
(Schweden) als Auflegekissen aus dem Altar für Mbel und Predigtbuch

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