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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 4.1928

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Bink, Hermann: Alt-Pfälzer Hausinschriften
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https://doi.org/10.11588/diglit.29785#0151

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Z Alt-Pfäher Hausinschristen ^

8 Von Hermann Bink- Königsberg i. Pr. 8

Der Hausspruch, das Merkzeicheu des individuelleu Charakters des
Hauses, verschwiudet immer mehr und mehr, um so näher liegt die Ver-
anlassung, das noch von ihnen Vorhandene oder Aeberlieferte zu sammeln
und zu betrachten. Die deutschen Hausinschriften haben für die nationale
Physiognvmik unseres Volkes und für unsere Volksdichtung besonderes
Jnteresse. Das Volksepigramm kann dem Volksliede sehr trsffend zur
Seite gesetzt werden. Wie Las deutschs Volkslied ist das deutsche Volks-
epigramm eine anspruchslose Feldblume, deren Farbe und Duft aber
neben den auserlesensten Zierpflanzen Anspruch auf Pietät und Wert-
schätzung hat. Hier gilt es Alt-Pfälzische Hausinschriften zu betrachten.
Alexander von Humboldt sagte einmal: „Der Mensch trägt den Charakter
der Scholle, die er bewohnt!" Mögen dis nachfolgenden Sprüche ein
wenig von dem Charakter der alten Pfälzer plaudsrn.

Hören wir einmal, was zwei Haussprüchlein aus dem oberpfälzischen
Amberg sprechen: „Ich bin der ich bin, / Klein ist mein Gewinn, / Gcoß
ist mein Muth, / Klein ist mein Gut, / Frisch ist mein Sinn, / Wsr mich
veracht', / Den hol der Teusel hin." — „Hilf den Armen aus der Voth, /
Denn sy erschuf der höchste Gott, / Christus will dein Lohne sein!" Dis-
sen beiden Snschriften schließen sich zwei aus dsm oberpfälzischen Auer-
bach an: „Srau, schau, wem, / Gieb Acht auf dem: / Der dir giebt gute
Wort', / Verleit' dich oft an manchem Ort." — „Wär' ich weis' wie
Salomon, / Wär' ich schön wie Absalon, / Wär' ich stark wie Simson, /
Hätt ich aller Menschen Adel, / Wär ich doch nicht ohne Tadel." Ein an
der Straße wohnender Pfälzer hatte seinen Mitmenschen einen sehr netten
Merkspruch angeschrieben: „Sch wohne hier an der Straßen, / Wünsche
allen Vettern und Vasen / trlnd allen, die da gehen vorbei, / Daß Gott
ihr Helfer und Veschützer sei." Ein Gartenhäuschen trug einst die Auf-
schrift: „Ein Weib, ein Vegen, ein Gast / Sind mir ni-e zur Last." Dis
Iugend ermahnte das Schulhausfprüchlein in dem oberpfälzischen
Schwandorf: „Bienen holen für ihr Haus / Honig heim aus Dlum und
Vlüth, / Und du trage hier heraus / Weise Lehr und gute Sitt." Sn
dsmselben Orte hatte ein Seiler an seine Wsrkstatt gesstzt: „Glückselig im
Himmel heißet, / Der d' Fallstrick der Welt zerreißst." Ein Wirtshaus,
welches auf dem Schilde „Zum offene Spunde" führte, lud die Gäste ein:
„Mit offenem Munde / Zum offenen Spunde." Warnend sprach aber
efn anderes Gasthaus: „Lieber Gast. komm geschwind herein, / Hast du
Geld, hab' ich guten Wein, / Hast du keins, kannst du drllben einkehren, /
Dort ist der Drunnen mit zwei Röhren." Ein aus dem Zahrs 1693 er-
haltener und aus dem schon erwähnten Ambecg stammender Hausspruch
lautet: „Wer sein Gut in diesen Iahren / Vor dsn Diebsn kann bewah-
ren, / Äichts darf geben den Soldaten, / Gerichtsfchreibern und Advo-

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