Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Lehrs, Max [Hrsg.]
Geschichte und kritischer Katalog des deutschen, niederländischen und französischen Kupferstichs im XV. Jahrhundert (8, Textbd.): [Der Meister des Hausbuches und die oberdeutschen Stecher] — Wien, 1932

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34743#0181
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DER MONOGRAMMIST ß(X 8

167

obwohl sie von Heinecken, Bartsch, Harzen und Nagler nach Schon-
gauers Originalen unrechtmäßigerweise in ihren Katalogen ergänzt
werden. Ich habe keines dieser 7 Blätter in irgendeiner Sammlung
finden können, während die übrigen 5 zwar ziemlich selten, aber doch
übereinstimmend in mehreren Kabinetten Vorkommen.
Außer in dieser Folge, die, wie gesagt, vielleicht einen der ersten
stecherischen Versuche des Künstlers darstellt, kann man eigentlich
nur in dem Ornamentblatt Nr. 44 ein Anlehnen an Schongauers Art
wahrnehmen, und zwar nicht im Sinne einer bloßen Kopie, sondern in
dem einer Anregung durch die bekannte Folge von Vorlagen für
gotische Krabben L. 111—114, die ja ihrerseits, altem Goldschmiede-
brauch entsprechend, einen Vorläufer in der Folge des Meisters
309—313 hatte und von Israhel van Meckenem auf zwei
Blättern Geisberg 444—445 gegenseitig nachgestochen wurde. Auch
das Werk des niederländischen Meisters W ^ enthält 7 im Format
allerdings sehr verschiedene gotische Blätter L. 74—80.
Außer den 5 Passionsstichen ßndet sich im Werk unseres Stechers
nur ein einziges religiöses Blatt, der Besuch der beiden heiligen
Anachoreten Paulus und Antonius Nr. 6. Es bedeutet, wenn man auch
von einer zeitlichen Anordnung der 44 Stiche nicht gut reden kann, da
Stil und Technik sich eigentlich immer gleich bleiben, insofern eine
Wandlung des Künstlers, als er sich plötzlich einer anderen, ihn offen-
bar ganz gefangen nehmenden Persönlichkeit, nämlich jener des Haus-
buch-Meisters zuwendet. Unselbständig und erfmdungsarm, wie er nun
einmal von Natur veranlagt war, begleitet er dies neu aufgehende
Gestirn, das im letzten Viertel des Jahrhunderts durch seine revolu-
tionäre, allem Traditionellen abholde Eigenart die Kunst am Mittel- und
Oberrhein alarmierte, mit einer gewissen Stetigkeit, und es gewinnt
den Anschein, als ob er überhaupt nur noch Vorlagen des Hausbuch-
Meisters für seine Kupferstiche benutzt habe. Diese Gepflogenheit
gibt der Mehrzahl seiner Arbeiten ihren eigentlichen Charakter. Sie
gleichen in Typen, Zeichnung und Stil, in Kostüm und Beiwerk so völlig
dem Meister des Hausbuches, daß sie sich nur in der unvermeidlichen
Inferiorität des Kopisten, in der mehr stecherischen Technik und in der
Hinzufügung seines Monogramms von den Originalen unterscheiden.
 
Annotationen