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Lehrs, Max [Hrsg.]
Geschichte und kritischer Katalog des deutschen, niederländischen und französischen Kupferstichs im XV. Jahrhundert (8, Textbd.): [Der Meister des Hausbuches und die oberdeutschen Stecher] — Wien, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.34743#0396
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382

NACHTRAG

scheint mir sehr glücklich, und ich glaube wohl, daß der Hausbuch-
Meister sich hier im Bann des älteren niederländischen Typs oder einer
unbekannten Abwandlung desselben Motivs befunden habe. Die Neben-
einanderstellung analoger Züge im Stich und sein mutmaßliches Vorbild
sind wohlerwogen und vollkommen überzeugend, wenn auch hier die
Freiheit, mit der der Hausbuch-Meister das Motiv des Bildes umge-
wandelt hat (man vergleiche beispielsweise Armhaltung und Bein-
stellung des Kindes), nicht nachdrücklich genug betont werden kann.
Ein Zusammenhang des auf einem Kissen ruhenden Johanneshauptes
L. 37 mit der sogenannten „Johannisschüssel", wie sie besonders häußg
in den südlichen Niederlanden und den niederrheinischen Gebieten
vorkommt und daher auch die Wahrscheinlichkeit einer Anregung des
Hausbuch-Meisters von dorther,* scheint mir ebenso beachtenswert.
Einen ganz ähnlichen formalen Zusammenhang des Stiches mit den
Häuptern Christi undMarias L. 16 in der für einen Kupferstich immerhin
befremdlichen Form eines Diptychons, wie sie bei den niederländischen
Meistern von van Eyck bis Massys beliebt war, weist Schneider ebenda
nach und begründet ihn wenigstens mit der Übernahme des traditionellen
niederländischen Kompositionsschemas durch den Hausbuch-Meister
bei sonst völlig freier Formbehandlung und Durchbildung im einzelnen.
Man mag diese Aufzählung des Wesentlichsten aus der Abhandlung
des Baseler Gelehrten dem Bestreben zugute halten, einen wichtigen
Bestandteil der Kunst des Hausbuch-Meisters, der im Text bei der Be-
sprechung der einschlägigen Fachliteratur, wie gesagt, nur durch ein
bedauerliches Versehen unerwähnt geblieben war, nachzuholen und der
Ansicht eines Forschers vom Range Hans Schneiders ebenso wie der
von verschiedenen Dii minores Raum zu geben, bevor ich diesen Band
des Kritischen Katalogs abschließe. Das Vergnügen, mit einem gleich-
gesinnten Kollegen immer und in allen Punkten einer Meinung sein
zu können, wird uns ja nicht so oft vergönnt, daß wir die Gelegenheit
dazu ungenützt vorübergehen lassen möchten.

i Schneider p. 62.
 
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