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Lehrs, Max [Hrsg.]
Geschichte und kritischer Katalog des deutschen, niederländischen und französischen Kupferstichs im XV. Jahrhundert (8, Textbd.): [Der Meister des Hausbuches und die oberdeutschen Stecher] — Wien, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.34743#0395
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NACHTRAG

381

Baer vermutete, damals in den Niederlanden aufgehalten haben mag,
obwohl seine Stiche schließlich auch auf anderen Wegen dem Holz-
schneider zugeflogen sein können.
Schneider nimmt ebenfalls an, daß man sich die Entstehung der
Kupferstiche durch den damals in den Niederlanden tätigen Hausbuch-
Meister zu denken habe, der dabei vielleicht durch eine der orts-
üblichen Prophetenfolgen angeregt wurde, und daß dann seine Kupfer-
stiche unmittelbar nach ihrer Entstehung dem Holzschneider als Vor-
bild dienten, der sie — wie altertümliche Reminiszenzen (Türzwickel und
geschachte Fußböden) bezeugen —bald nachher unter ganz anderen tech-
nischen Bedingungen herausbrachte. Es ergibt sich aus dem durch
den neuen Fund bekannten fünften Propheten, daß, wie Schneider dar-
tut, die Einzelgestalten paarweise gedacht waren und daß wir nunmehr
drei nach rechts und zwei nach links gekehrte als Typen besitzen.
Den in einer ähnlichen Nische wie die Propheten stehenden Johannes
Baptista L. 38 hat Baer gleichfalls in die niederländische Zeit des Künst-
lers gestellt und Schneider meint, daß unter den dort entstandenen
niederländischen Fassungen dieses Heiligen es mehr die holländische
gewesen sei, die unserem Meister Eindruck gemacht habe. Namentlich
lasse sich für den älteren langbärtigen Kopftypus die Johannesßgur des
Dirk Bouts in Wörlitz vergleichen, ohne daß sie jedoch als direktes
Vorbild zu denken wäre.
Die Verkündigung L. 8 hält Schneider ohne ein niederländisches
Vorbild, in der Art des Kolumba-Altars, für undenkbar, wenn auch
direkte Zusammenhänge beider Werke nicht anzunehmen seien. Rogiers
berühmte Verkündigung habe jedoch sicher als bestimmendes Urbild
für das Schema der Komposition gedient, vielleicht vermittelt durch
die teilweise veränderte Replik eines wohl holländischen Nachfolgers.*
Der Vergleich der stehenden Madonna mit dem Apfel L. 25 mit
einem Bilde van Eycks, das sich anscheinend nur in einem stark über-
malten Altärchen in der Sammlung Helleputte zu Löwen erhalten hat,s
1 Vergl. dazu das oben p. 87 über die Bezeichnungen des Hausbuch-Meister-Biattes
zu der Verkündigung des Meisters FVB L. 4 Gesagte.
2 Schneider p. 60—62. Abbildung bei Fierens-Gevaert, La peinture en Beigique (1908)
I. PI. XV.
 
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