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ERSTER TEIL

zusammengezogen, gespannt. Ein Phlegmatiker wird
z. B. zur äugersten Zähigkeit, zur stärksten Ausdauer
getrieben, aber nie lebhaft werden. Selbst im höchsten
Affekt behält jeder seine Art. Der Sanguiniker wird in
toller Heftigkeit überlaufen, der Behäbige selbst im
Sprunge noch behäbig sein. Und zwischen diesen beiden
Extremen verhält sich jeder Grad genau seiner Art nach.
Er kann nicht anders, denn das Temperament ist das
Resultat der dem Menschen angeborenen Organe, unter
denen die allermenschlichsten die entscheidende Rolle
spielen. Die Organe können sich biegen und strecken,
können unter Umständen das Maximum ihrer Leistungs-
fähigkeit erreichen. Dieses Maximum aber ist erst das
Minimum eines anderen Menschen, und so fort.

Es gibt also keinen Temperamentwechsel, es gibt
Maxima und Minima innerhalb desselben Temperamentes,
die wir deutlich verfolgen können. Es liegt daher auch
bei Böcklin, wenn überhaupt sein Fall auf das Tempe-
rament zurückgeht, nur eine Veränderung der Spannung
derselben gegebenen Bedingungen vor, ein Maximum oder
ein Minimum.

Das wollen wir zu ergründen suchen. Die Symptome,
die hierfür als Argumente dienen können, sind immer
nur aus unserem Erfahrungsschatz zu erlangen; einmal
aus der Geschichte der Künstler, weiter aus unserer
Erkenntnis der Kunst. Versuchen wir also, durch einen
schnellen Streifzug in diese Gebiete uns diese Erfahrung
anzueignen. Zunächst gilt es, über das weit umstrittene
Temperament der Künstler unterrichtet zu werden. Die
 
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