Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DIE LEHRE VON DEN EINHEITEN

47

allgemeinste, nächstliegende Frage lautet da: Wie wirken
die Ereignisse, die wir im Leben als Prüfsteine des
Temperamentes erkennen, im Leben der Künstler? Wirken
sie überhaupt? Wirken sie nicht? Was wirkt in diesem
Fall an ihrer Stelle? Was folgt daraus für das Tempe-
rament? Was folgt für die Kunst?

Wir besitzen dank unseren Historikern getreue
Lebensbeschreibungen groger Meister. Manche von
ihnen sind uns durch die Detailforschung, durch ihre
Selbstbekenntnisse und Briefe bekannter als unsere be-
rühmtesten Zeitgenossen geworden. Wir sehen sie im
öffentlichen Leben und zu Hause hei der Arbeit, als
Liebhaber und Familienvater, als Glückliche und Leid-
tragende. Das Leben der meisten bedeutenden Künstler
der Vergangenheit ist reich an Ereignissen. Denn
damals galt der Künstler; er sah andere groge Zeit-
genossen und setzte sich mit ihnen auseinander, kam
weit in der Welt, mindestens in der Welt seiner Heimat,
herum, durchmag alle Sphären des Lebens und rieb sich
an ihnen. Denken wir an van der Goes, an Tizian, an
Leonardo, an Dürer, an Velasquez. Selten hat sich im
Geschick gewöhnlicher Sterblicher das Glück so sieg-
reich gezeigt wie bei Rubens, der uns fast wie ein
Alexander erscheint; selten ist es voll so tiefer, er-
schütternder Schwankungen gewesen wie bei Rembrandt.
Michelangelo trotzt mit Gefahr seines Lebens der höchsten
irdischen Gewalt, er trägt alle Konsequenzen einer in-
folge seines Schicksals und des Schicksals seines Landes
ungeheuer gespaltenen Tätigkeit. Das Leben Hogarths
 
Annotationen