Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DIE ENTWICKLUNG BÖCKLINS

75

Schöpfungsapparat eingreift, wird es nützlich, nicht eo
ipso. Daher kommt die Frage, ob Böcklin vor oder
nach dem Jahre 1860 persönlicher war, nicht im mindesten
in Betracht, wenn die Antwort uns nicht künstlerische
Momente erschliegt. Ganz sicher ist die Wirkung des
friihen Böcklin nicht unbeschränkt, sagen wir also: die
Persönlichkeit des friihen Böcklin hat ihre Grenzen;
denn wir besitzen grögere Leute. Wer aber die innere
Ökonomik dieser Kunst nicht schätzt, dem wird in aller
Kunst der zarteste, lieblichste Reiz entgehen, und größere,
ja die größten Werke werden ihm immer nur ver-
schwindende Einzelheiten abgeben. Wer nun gar nur
nach einem augerhalb liegenden Kriterium, das er für den
Persönlichkeitsmesser ansieht, schätzt, gelangt iiberhaupt
zu keinem Verhältnis zu Böcklin. Er liebt heute etwas,
das er morgen verachten wird, sobald er sich von seinem
unverkennbaren Trugschlug überzeugt und erkennt, da§
Böcklin gar nicht die Persönlichkeit ist, die vermutet
wurde. Und er wird dann ebenso ungerecht ablehnen
wie er heute verehrt, das heißt dann ebensowenig Nutzen
von seiner Befreiung wie heute von seiner Anbetung
für das Heil der eignen Kultur davontragen.

Die Differenz zwischen den beiden Perioden ist
aber tatsächlich, nicht nur in den Augen der Verehrer
von heute, absoluter Art und erscheint um so gröger,
je mehr man von Äugerlichkeiten absieht. Äugerlich
wäre, wollte man sich lediglich an den Farbenunterschied
halten. Farbe ist keine Einheit, sondern nur Teil davon;
dieselbe Einheit kann sich mit dieser und jener Farbe
 
Annotationen