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Fößel, Amalie; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Königin im mittelalterlichen Reich: Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume — Mittelalter-Forschungen, Band 4: Stuttgart, 2000

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26280#0053
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nafz'o A^msgrangnszs, die in der Forschung bislang entweder für die Krönung Rudolfs
von Habsburg und Annas von Hohenberg 1273 oder für diejenige Heinrichs VII. und
Margaretes von Brabant 1309 in Anspruch genommen wurdet Vom Mainzer Ordo
unterscheidet sich dieser jüngere lediglich durch genauere Angaben und Anweisun-
gen für den Ablauf der einzelnen Weihehandlungen: Während des zweiten Weihege-
betes liegt demzufolge die Königin in kreuzförmiger Haltung der Arme ausgestreckt
vor dem Altar (Prostratio); gesalbt wird ihre Brush°h Der König hingegen wird an
Stirn, auf der Brust, zwischen den Schultern und an den Armen gesalbt.
Wie in der Literatur bereits festgestellt, gab es bei der durch die Ordines vorge-
gebenen Ausgestaltung der Königinnen- wie auch der Kaiserinnen-Krönung keine
inhaltlichen Abweichungen^. Die Gebete und Fürbitten wurden vom 10. bis zum
15. Jahrhundert unverändert tradiert. Sie enthalten neben den Bitten um Nachkom-
men einen der christlich-frommen, aber auch politisch aktiven Herrscherin entspre-
chenden Tugendkatalog^°, dessen liturgische Formelhaftigkeit einer kirchlich-zeit-
losen Allgemeingültigkeit entsprach, die im Grunde keiner Überarbeitung oder An-
passung bedurfte. Den Krönungsmodalitäten entsprechend blieb die Stellung der
Königin als fromme und tugendhafte Gattin und Mutter sowie als cowsofs rcgrzz - als
Teilhaberin an der Herrschaft im Reich - theoretisch die gleiche.
Gleichzeitig wird die hier fixierte Idee des dzafzzzrzzzm mgziz'^zzg srzz cozzsorfzMzrz
zum Basismodell für die Stellung der Königin im Mittelalter schlechthin: Als Ge-
mahlin des Königs ist sie Mitherrscherin im Reich. Das Vorbild dafür war der bibli-
sche Erhebungsakt durch den assyrischen König an Esther, der sie zu seiner Gattin
und consors machte, wodurch deutlich wurde, daß die Königin ihre Stellung dem
König und der ehelichen Gemeinschaft mit ihm verdankte; das Ehebett wurde des-
halb auch zuerst genannt. Dementsprechend definierte sich die Stellung der Köni-
gin über den König als ihrem Gatten und basierte nicht auf eigenem Recht. Als vom
König erhobene Mitherrscherin konnte sie theoretisch die gleichen Rechte in der
Herrschaft ausüben; soweit es zumindest der König tolerierte und unterstützte.
Das altpersische Königspaar steht somit beispielhaft für das mittelalterliche
Königspaar, das in gleicher Weise als Ehe- wie Herrscherpaar auftrat. Inwieweit die-
ser theoretische Anspruch in der Realität umgesetzt wurde, gilt es im folgenden zu
untersuchen.

207 KRULL, Salbung S. 51; Walter GoLDiNGER, Das Zeremoniell der deutschen Königskrönung seit
dem späten Mittelalter, in: Staat und Land. Festgabe zum 60jährigen Bestand des Oberöster-
reichischen Landesarchivs und zum Gedenken an die 800. Wiederkehr der Erhebung Öster-
reichs zum Herzogtum (Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs 5, 1957)
S. 91-111, der mit Nachdruck für das Jahr 1309 plädiert. Bei dem auf 1309 hinweisenden Indiz
handelt es sich um die im Ordo herangezogene Liturgie des Dreikönigstages, wobei Heinrich
VII. und Margarete auch am Dreikönigstag, den 6. Januar 1309 gekrönt wurden, während die
Krönung Rudolfs und Gertruds im Herbst, am 24. Oktober 1273, stattfand.
208 Coronatio Aquisgranensis, ed. G. H. PERTZ, MGH LL 2 (1837) S. 384-392. - Zur Brustsalbung der
Königin als Weihe der Mutter des Thronfolgers vgl. Athanasius WiNTBRSiG, Liturgie und Frau-
enseele (Ecclesia orans 17, H925) S. 122-125 und DERS., Zur Königinnenweihe, Jahrbuch für Li-
turgiewissenschaft 5(1925)S.150-153.
209 Vgl. etwa die Zusammenfassung bei KRULL, Salbung S. 92; allgemein H. H. ANTON, Ordo III.
Krönungsordines, in: LexMA6 (1993) Sp. 1439-1441 mit der grundlegenden Literatur.
210 ELZE, Vergessener Ordo S. 71 hat die Krönungsordines als »eine Art Fürstenspiegel für christli-
che Herrscher« charakterisiert. Die gilt auch für die Herrscherin.

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