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Fößel, Amalie; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Königin im mittelalterlichen Reich: Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume — Mittelalter-Forschungen, Band 4: Stuttgart, 2000

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26280#0096
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handlungen, wobei unbestimmt bleibt, um welche konkreten Rechtsfälle es sich da-
bei handelte.
Diese Beispiele könnten einen Schwerpunkt der Tätigkeit der Königin am Hof
im Spätmittelalter andeuten: die schriftliche Verwendung und Intervention in Belan-
gen des Alltags. Bislang sind die Kenntnisse über Umfang und Kompetenzenbereich
des Hofstaates und einer Kanzlei der Königin im Spätmittelalter allerdings zu gering,
um allgemeinere Aussagen treffen zu können. Deutlich ist aber, daß die angestiegene
Schriftlichkeit, die sich auch für die Königin in umfangreichere Korrespondenzen mit
verschiedenen Empfängern wie auch verwaltungstechnischen Anweisungen und
Befehlen sowie urkundlichen Bestätigungen und Rechtsverfügungen niederschlug,
eine gut funktionierende Kanzlei^ verlangte. Deren Größenordnungen lassen sich
bislang allerdings ebensowenig wie im hohen Mittelalter genauer überblicken^.
Kaiserin Elisabeth, um noch einmal in die Zeit Karls IV. zurückzukehren, setzte den
Gepflogenheiten der Könige am luxemburgischen Hof in Prag entsprechend eben-
falls ihren Protonotar Ulrich, der mit dem gleichnamigen Domherrn und Eigentümer
eines Hauses auf dem Hradschin identisch sein dürfte^, als Boten ihrer Briefe ein^.
Abschließend ist eine insgesamt noch sehr lückenhafte Kenntnis von der Struk-
tur und Größe des Hofstaates der römisch-deutschen Königin zu konstatieren, was
in ganz besonderer Weise für das Spätmittelalter gilt. Fest steht jedoch, daß die Kö-
nigin immer über einen eigenen mehr oder weniger großen und politisch einflußrei-
chen Hofstaat verfügen konnte, wobei sich vor allem die Inhaber der Hofämter als
Träger politischer Funktionen und Aufgaben im Verlauf des gesamten Mittelalters
erweisen.

482 Die Notwendigkeit einer Kanzlei der Königin ergibt sich auch im späten Mittelalter nicht allein
aus der schriftlichen Verwaltung ihrer Wittumsgüter, wie PATZE, Hofgesellschaft S. 754 dies an-
nimmt. Auch wenn hierin ein umfangreicher Teil der Arbeit zu vermuten ist, hat sich die Kanz-
leitätigkeit der Königin auf weitere Bereiche erstreckt, zu denen allerdings noch keine Untersu-
chungen vorliegen.
483 Bei Ivan HLAVACEK, Überlegungen zum Kapellanat am luxemburgischen Hof unter Johann von
Luxemburg, Karl IV. und Wenzel, in: Alltag bei Hofe, hg. von Werner PARAViciNi (Residenzen-
forschung 5,1995) S. 83-109 finden die Kapelläne der Königinnen keine Berücksichtigung; dies
gilt auch für die in einem Anhang beigegebene AuAistung der immerhin 74 Kapelläne Wenzels,
unter denen sich kein Kapellan seiner Gemahlinnen Johanna und Sophie findet.
484 PATZE, Hofgesellschaft S. 755.
485 Reg. Imp. VIII Gemahlinnen Nr. 10; Hinco, Kanoniker an der Egidienkirche, taucht als Kanzler
Elisabeths in den Quellen ebenfalls durch den Kauf eines Hauses auf dem Hradschin auf; vgl.
PATZE, Hofgesellschaft S. 754.

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