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Schlick, Jutta; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
König, Fürsten und Reich: (1056 - 1159) ; Herrschaftsverständnis im Wandel — Mittelalter-Forschungen, Band 7: Stuttgart, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.34721#0020
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Einleitung

ten, dokumentiert vor allem die Königserhebung Konrads 111. im Jahr 1138: Die Für-
sten fragten nicht, ob die Wahl einer Minderheit regulär war oder nicht, sie erkann-
ten diese Minderheitswahl im Hinblick auf das Allgemeinwohl und auf die bereits
geschaffenen Fakten an'T
Wenn hier nun erneut die Königserhebungen des 12. Jahrhunderts untersucht
werden sollen, so vor allem auf der Grundlage der Forschungen Hagen Kellers.
Nicht die formalen Aspekte einer Königswahl, die ja bereits vielfach erörtert wur-
den'', sollen hierbei im Vordergrund stehen, sondern die Beweggründe und die
übergeordneten Ideen der handelnden, wählenden Fürsten. Damit verbindet sich
zugleich die Frage nach der Rolle des Reichs im Bewußtsein der Großen und nach
der Stellung des Königs im sich wandelnden Reichsgefüge.
So wie sich in der Situation der Thronvakanz am deutlichsten die Idealvorstel-
lungen der Großen vom neuen Herrscher und ihre gemeinsam getragene Verant-
wortung für das Reich in der Auswahl desselben erkennen lassen, so schlägt sich
das aktive Mitwirken der Fürsten an der Herrschaft, der politische Alltag<, am kon-
kretesten in den großen Hoftagen nieder. Diese gelten als das >Zentrum< königlicher
Machtentfaltung^°. Hier fällte der Herrscher im Kreis seiner Berater Entscheidungen
rechtlicher, politischer und militärischer Natur, legte Konflikte bei, stiftete Frieden.
Oft wurde durch feierlichen Prunk die Stabilität seiner Herrschaft vor dem Volk
sinnfällig unterstrichen.
Doch nicht nur die königliche Selbstdarstellung wurde inszeniert, auch die Für-
sten klärten hier immer wieder ihre Rangstreitigkeiten, demonstrierten ihren Ein-
fluß. Denn die integrative Kraft dieser Hoftage lag offensichtlich nicht allein beim
König: Ohne das Gemeinschaftsbewußtsein der Fürsten hätte ein Konsens oftmals
nicht zustande kommen können. So wurden die Hoftage zum ständigen Prüfstein
für die bei der Königswahl geschlossene Handlungsgemeinschaft von Herrscher
und Großen. Es ist daher wohl gerechtfertigt, sie auch im Hinblick auf den Einfluß
der Fürsten zu untersuchen. Erstaunlicherweise lagen die Hoftage aber lange Zeit
völlig außerhalb des Blickwinkels der Forschung*'. Erst in den letzten Jahren kam
es wieder zu einer Annäherung an dieses Themenfeld.
Michael Lindner legte 1990 eine Dissertation vor, welche die Hoftage unter
Friedrich I., ihre Teilnehmer und Verhandlungsinhalte zwar zusammenstellte, dar-
über hinaus aber kaum weitere Untersuchungen bot^. Vier Jahre später nahm er
sich des Themas erneut unter dem Aspekt »Fest und Herrschaft« an und unter-

18 Ebd., S. 159f.: »Konrad hat sich das zunutze gemacht, was 1125 der tumultuarischen Erhebung
Lothars Geltung verschaffte: nachdem ein Kandidat - und sei es nur von einer Minderheit - of-
fiziell >benannt<, in Formen der Wahlentscheidung anerkannt war, konnte es eine einhellige
Wahlentscheidung nur noch durch Anerkennung des von der Minderheit vollzogenen >Wahl-
aktes< geben. 1138 bewährte sich die Fürstenverantwortung wie 1125 und schon 1024, indem
man die in Koblenz vollzogene Wahl annahm.«
19 Neben den schon erwähnten Untersuchungen von SCHMIDT (wie Anm. 11) und REULiNG (wie
Anm. 13) seien hier nur einige wichtige Werke aus der Fülle der Forschungsliteratur herausge-
griffen: MiTTEis, Königswahl; DERS., Königswahlrecht; RÖRiG, Geblütsrecht; SCHLESINGER, Kö-
nigswahl; DERS., Die Wahl Rudolfs von Schwaben; KERN, Gottesgnadentum; BosHOF, Königtum.
20 Vgl. LiNDNER, Fest und Herrschaft, S. 164; ScmMMELPFENNiG, Könige und Fürsten..., S. 88.
21 Eine erste Bestandsaufnahme legten in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts GuBA, Der
deutsche Reichstag 911-1125, und WACKER, Der Reichstag unter den Hohenstaufen, vor.
22 LiNDNER, Die Hoftage.
 
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