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Schlick, Jutta; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
König, Fürsten und Reich: (1056 - 1159) ; Herrschaftsverständnis im Wandel — Mittelalter-Forschungen, Band 7: Stuttgart, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.34721#0021
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Forschungsstand und Quellensituation

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schied die Hoftage (cttnaH nun nach ihrem mehr politischen oder eher festlichen
Charakter als »Hoftage« im eigentlichen Sinn oder als »Hoffeste«A Gerade unter
Friedrich I. scheint besonders die festliche Variante der Hoftage eingesetzt worden
zu sein^, wobei der Vergleich mit der Herrschaftspraxis seiner Vorgänger und
Nachfolger im Königtum noch aussteht. Derzeit liegen aber nur für die Zeit Lo-
thars III. und Heinrichs VI. Untersuchungen vor, die auch die Hoftage berücksich-
tigen^ (die neuesten Ergebnisse der Reichenau-Tagung zu diesem Thema waren für
diese Arbeit noch nicht zugänglich^). Gerade für die Zeit Heinrichs V. und Kon-
rads III. sind also zum Teil grundlegende Vorarbeiten zu leisten, ehe eine umfas-
sende und vergleichende Untersuchung erfolgen kann.
Eine solche Studie steht allerdings zunächst vor einem gravierenden Problem,
denn der Begriff Hoftag ist keineswegs fest Umrissen. Schon die Quellen sind in
ihren Bezeichnungen (coHo^inhw, cotmerüMS, CMn'a) recht vage, und vollends begibt
man sich auf unsicheres Terrain, will man gewisse Formen des Ablaufs oder feste
Teilnehmer eruieren. In Anbetracht der Tatsache, daß der König eigentlich ständig
von Ratgebern umgeben war, kann man durchaus mit Berechtigung von einem »im-
merwährenden Hoftag« sprechen. Die Unterscheidung in einen >festlichen< und ei-
nen >öffentlichen< Hoftag vermag jedenfalls nicht recht zu überzeugen, fiel doch bei-
des, Fest und politisch motivierter Hoftag, häufig zusammen.
Vor dem Hintergrund dieser Schwierigkeiten und dem generellen Anliegen
dieser Arbeit kann es daher nicht darum gehen, einen umfassenden Überblick über
die diversen Hoftage von der Mitte des 11. bis zum Ausgang des 12. Jahrhunderts
zu geben. Vielmehr soll an geeigneten Beispielen dem »In- und Gegeneinander von
Königtum und AdehW nachgegangen werden.
Ein Wort noch zur Quellensituation. Die zeitgenössischen Quellen haben den
Königserhebungen schon immer große Beachtung geschenkt. Der Tod eines Herr-
schers und die Erhebung seines Nachfolgers stellten tiefe Einschnitte im politischen
Leben des Mittelalters dar. Dennoch ergibt sich aus der bloßen Zusammenschau der
Quellenzeugnisse kein kohärentes Bild von den tatsächlichen Abläufen, geschweige
denn von den Hintergründen einer Wahl. Jeder Autor schrieb aus seiner eigenen
Perspektive und auch nur das, was für ihn, für seine Intention und für seine Leser
von Bedeutung waüL So ist jede Aussage auf ihre Objektivität oder Subjektivität hin
zu überprüfen, muß in den größeren Sinnzusammenhang gestellt und darf niemals
isoliert betrachtet werden. Der Bewußtseinshintergrund des Autors ist dabei - so-
weit dies möglich ist - ebenso zu berücksichtigen wie der seiner Adressaten.
Was für Chroniken und Annalen gilt, trifft in besonderem Maß auch auf Briefe
zu, die neben den erzählenden Quellen und den Urkunden verstärkt in die Be-
trachtung einbezogen werden sollen. Die bisherige Forschung hat ihnen nur ge-
ringe Beachtung geschenkt, eben wegen des äußerst subjektiven Charakters dieser

23 DERS., Fest und Herrschaft, S. 156f.
24 Ebd., S. 166f.
25 PETKE, Kanzlei; SELTMANN, Heinrich VI.
26 Deutscher Königshof, Hoftag und Reichstag im späteren Mittelalter (12.-15. Jahrhundert), hg.
von P. MoRAW (Vorträge und Forschungen(48)) (im Druck).
27 MiTTEis, Formen der Adelsherrschaft, S. 644.
28 Vgl. dazu grundsätzlich ALTHOFF, Causa scribendi, S. 117-133; DERS., Pragmatische Ge-
schichtsschreibung, S.95-107.
 
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