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Schlick, Jutta; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
König, Fürsten und Reich: (1056 - 1159) ; Herrschaftsverständnis im Wandel — Mittelalter-Forschungen, Band 7: Stuttgart, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.34721#0061
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Die junge Generation: Heinrich V. und der >Reformadel<

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und die Einsetzung neuer Herzoge in Kärnten und Schwaben die Spaltung im ge-
samten Reich auf die kleineren Einheiten der Herzogtümer projiziert. An eine güt-
liche Einigung wagte nun wohl niemand mehr zu glauben.
Neue Impulse für eine Beruhigung der Situation kamen daher von einer gänz-
lich unerwarteten Seite. 1082 verkündete der Bischof von Lüttich mit Unterstützung
einiger weltlicher Fürsten einen Gottesfriederß'A Er sollte an bestimmten Tagen des
Jahres gelten und war bei Strafe der Exkommunikation zu wahren. Ein Jahr später,
1083, hielt Erzbischof Siegwin von Köln eine Synode ab, auf der ein ganz ähnlicher
Gottesfriede angeordnet wurde, mit der aufschlußreichen Begründung, daß, wenn
schon ein dauerhafter Friede nicht hergestellt werden könne, man doch wenigstens
an einzelnen Tagen und in einem gewissen Grad den Friedenszustand wiederer-
langen wollüA Diese Initiativen zeigen deutlich die Machtlosigkeit des Herrschers,
der bislang den Frieden garantiert hattet Auch in Mainz waren es 1085 die ver-
sammelten Bischöfe, nicht der ebenfalls anwesende Kaiser, die einen weiteren Frie-
den erließen"".
Ging diese Friedensbewegung vom Episkopat aus, und zwar zunächst vor al-
lem von den kaisertreuen Bischöfen, so blieb sie doch nicht auf ihn beschränkt.
Schon immer waren die weltlichen Fürsten an der Durchsetzung des Friedens be-
teiligt gewesen*"", aber seit 1093 bekam ihr Wirken eine neue Qualität^'. In diesem
Jahr kamen in Ulm Berthold, Welf und weitere schwäbische Große unter der Lei-
tung Bischof Gebhards III. von Konstanz zusammen und beschworen einen unver-
brüchlichen Frieden. Diesem Landfrieden ließen alle Beteiligten die Angehörigen
der ihnen unterstehenden Gebiete beitreten""". Doch war der Friede nicht nur auf

196 Aegidius von Orval, Gesta III, c. 13, S. 90. Zur Friedensbewegung allgemein vgl. HoFFMANN,
Gottesfriede (behandelt insbesondere die Anfänge der Bewegung in Frankreich); GERNHUBER,
Die Landfriedensbewegung; WADLE, Heinrich IV. und die deutsche Friedensbewegung; DBRS.,
Frühe deutsche Landfrieden.
197 MGH Const. I, Nr. 424, S. 602-605. Vgl. dazu GoETZ, Der Kölner Gottesfrieden. Auch GROTEN,
Bischöfliche Thronsiegel, S. 167f., hat zu Recht darauf hingewiesen, daß selbst unter Berück-
sichtigung eines persönlichen Machtstrebens »das eigentliche Anliegen« der Bischöfe die Suche
nach dem »nächsten Ausweg aus der tiefgreifenden Krise ihrer geistigen und politischen Welt«
und »der ideelle Hintergrund ihres Handelns doch der Wille zur Friedewahrung, zur Verwirk-
lichung der pax in einem überschaubaren Rahmen« war.
198 BosHOF, Heinrich IV., S. 100: »Offenkundig hatte jedoch die deutsche Zentralgewalt inzwischen
viel von ihrer Autorität eingebüßt, so daß der Episkopat die Initiative ergriff ...«
199 Frutolf, Chronik, ad a. 1085, S. 98: Sinodas Mogonii$ AAetar, cai inierjaif Imperator (...) Ai efiaa!
commani consensa ahyae consiiio constiiMfa esf pax Dei.
200 Insbesondere wird der Anteil des weltlichen Adels beim Lütticher Gottesfrieden hervorgeho-
ben; vgl. oben bei Anm. 196.
201 WADEE, Heinrich IV. und die Friedensbewegung, konstatiert S. 150: »Die Friedenssatzungen
von 1093/94 markieren eine Wende; mit ihnen wuchs die deutsche Friedensbewegung aus dem
kirchlichen Bereich heraus.«
202 Bernold, Chronik, ad a. 1093, S. 457: Gebeiiardas Consfanfiensis episcopas et aposfoiicae seA's iega-
fas, Weifonea! ^acem Bnioariae per aianas in müdem accepii, sicai et propria?a frafrem Berfaidam üa-
cem Aiemanniae iam dadam Jecif; cam ^aAas et reiicyais Aiemnnniae principAas magnam conaenfam
apad üimnm HAaü. (...) Deinde/irmissimaai pacem tarn daces ^aam comdes, tarn maiores ^aam mi-
aores, se oHeraaiaros a 7. Kai. DeceaAris aspae in pascda, et a pascda in daos annos iaraaerani (...)
Hane pacear singaii principes, (?ai conaeneranf, as^ae^ais^ae per poiesddem saam asqae^aa^ae airdim
inrare/eceranf.
 
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