Herrschaft zwischen Idee und Wirklichkeit
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gültige Lösung für diesen Konflikt finden konnte, hat das Urteil über seine Herr-
schaft maßgeblich und wohl nicht ganz zu Unrecht zum Negativen beeinflußt'"",
denn zweifellos banden die Streitigkeiten mit Welf VI. die Kräfte des Königs über
Gebühr"', und die Ansprüche Heinrichs des Löwen grenzten seinen Entschei-
dungsspielraum erheblich ein. Dabei waren die Schwierigkeiten, die einer Kom-
promißlösung entgegenstanden, vermutlich schon in den Verpflichtungen und
Zwängen angelegt, die zu dem Konflikt überhaupt erst führten.
Lange Zeit ist die Parallele zum staufischen Widerstand unter Lothar von Süpp-
lingenburg gezogen worden, die sich nun unter umgekehrten Vorzeichen wieder-
holt habe""; doch trifft der Vergleich nicht ganz, denn während sich Konrad 1127 für
ein staufisches Königtum engagierte und damit Lothars Anrecht auf die Krone be-
stritt, kämpfte Heinrich der Stolze lediglich um seine Herzogtümer"'', da er die
Reichsinsignien und damit seinen möglichen Anspruch auf die Königswürde noch
im fuli 1138 auf dem Regensburger Hoftag demonstrativ an Konrad III. abgetreten
hatte'"". Der König lehnte es allerdings ab, den Welfen, der ihm seinerseits die Hul-
digung schuldig blieb, zu empfangen, verweigerte ihm also die Anerkennung sei-
ner herzoglichen Stellung. Darüber hinaus forderte er, daß Heinrich & Ms,
a LofMzn'o zMpgrafom sascgparaf ac possgdgraf - möglicherweise zielte dies auf das
sächsische Herzogtum ab - zurückgebe"". Uber die Gründe der späteren Verurtei-
lung des Welfen ist in der Literatur viel spekuliert worden, weniger jedoch darüber,
weshalb Konrad III. den Prozeß gegen ihn überhaupt anstrengte'"". Wollte er, um
sein Königtum zu verteidigen, Heinrich dem Stolzen die Machtgrundlage für sei-
nen möglichen Widerstand entziehen'*" - auf den der Welfe mit der Herausgabe der
Reichsinsignien ja gerade erst demonstrativ verzichtet hatte? Oder stand Konrad
vielleicht selbst unter gewissen Handlungszwängen, hatte er doch dem Askanier
116 Vgl. etwa KELLER, Zwischen regionaler Begrenzung..., S. 205: »Doch Konrad wurde der Kon-
flikte, die er mit der Achtung Heinrichs des Stolzen ausgelöst hatte, während seiner ganzen Re-
gierungszeit nie wirklich Herr.«
117 Zu den Auseinandersetzungen mit Welf VI. vgl. vor allem FELDMANN, Herzog Welf VI. und sein
Sohn, S. 13-29; HEcnBERGER, Staufer und Welfen, S. 18-38, 98-104.
118 Zum sogenannten »staufisch-welfischen Gegensatz« vgl. oben S. 97f. mit Anm. 80.
119 Vgl. BosHOF, Staufer und Welfen, S. 320f.: »Ihm [sc. Heinrich dem Stolzen] ging es schon längst
nicht mehr um die Krone, jetzt kämpfte er um die Behauptung seiner beiden Herzogtümer
Bayern und Sachsen.«
120 Anders interpretiert dies ALTHOFF, KonAiktverhalten, S. 74, der in der »Weigerung Heinrichs
des Stolzen, Konrad III. nach dessen ein wenig handstreichartiger Erhebung als König anzuer-
kennen«, überhaupt erst den Auslöser der Auseinandersetzungen sieht.
121 Historia Welforum, c. 24, S. 46. Vgl. dazu BosHOF, Staufer und Welfen, S. 321; VoLLRATH, Für-
stenurteile, S. 47f., 51 f.
122 So geht etwa NiEDERKORN, Der Prozeß, S. 82, zwar von einer »angestrebte[n] Niederringung
Heinrichs des Stolzen« aus, fragt aber nirgends nach den Gründen Konrads III., da sie ihm wohl
vor dem Hintergrund eines angenommenen ^staufisch-welfischen Gegensatzes< auf der Hand
zu liegen scheinen.
123 Diese Schlußfolgerung, die Heinrich dem Stolzen gewissermaßen die Schuld selbst zuweist und
den Staufer mit Handlungszwang entschuldigt, möchte Otto von Freising sowohl in seiner
Chronik als auch in den Gesta nahelegen: Chronik VII, c. 22, S. 344 (Zitat wie Anm. 37); Gesta
Frederici I, c. 24, S. 168: QMah'fer nero Heinn'cMS dMX Non'corMm predicfe SMMWah'om' pn'ncipis con-
tradixen'f... Dieser Deutung scheint auch die moderne Forschung teilweise gefolgt zu sein, etwa
BosHOF, Staufer und Welfen, S. 325; NEUMEISTER, Konrad III., S. 152.
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gültige Lösung für diesen Konflikt finden konnte, hat das Urteil über seine Herr-
schaft maßgeblich und wohl nicht ganz zu Unrecht zum Negativen beeinflußt'"",
denn zweifellos banden die Streitigkeiten mit Welf VI. die Kräfte des Königs über
Gebühr"', und die Ansprüche Heinrichs des Löwen grenzten seinen Entschei-
dungsspielraum erheblich ein. Dabei waren die Schwierigkeiten, die einer Kom-
promißlösung entgegenstanden, vermutlich schon in den Verpflichtungen und
Zwängen angelegt, die zu dem Konflikt überhaupt erst führten.
Lange Zeit ist die Parallele zum staufischen Widerstand unter Lothar von Süpp-
lingenburg gezogen worden, die sich nun unter umgekehrten Vorzeichen wieder-
holt habe""; doch trifft der Vergleich nicht ganz, denn während sich Konrad 1127 für
ein staufisches Königtum engagierte und damit Lothars Anrecht auf die Krone be-
stritt, kämpfte Heinrich der Stolze lediglich um seine Herzogtümer"'', da er die
Reichsinsignien und damit seinen möglichen Anspruch auf die Königswürde noch
im fuli 1138 auf dem Regensburger Hoftag demonstrativ an Konrad III. abgetreten
hatte'"". Der König lehnte es allerdings ab, den Welfen, der ihm seinerseits die Hul-
digung schuldig blieb, zu empfangen, verweigerte ihm also die Anerkennung sei-
ner herzoglichen Stellung. Darüber hinaus forderte er, daß Heinrich & Ms,
a LofMzn'o zMpgrafom sascgparaf ac possgdgraf - möglicherweise zielte dies auf das
sächsische Herzogtum ab - zurückgebe"". Uber die Gründe der späteren Verurtei-
lung des Welfen ist in der Literatur viel spekuliert worden, weniger jedoch darüber,
weshalb Konrad III. den Prozeß gegen ihn überhaupt anstrengte'"". Wollte er, um
sein Königtum zu verteidigen, Heinrich dem Stolzen die Machtgrundlage für sei-
nen möglichen Widerstand entziehen'*" - auf den der Welfe mit der Herausgabe der
Reichsinsignien ja gerade erst demonstrativ verzichtet hatte? Oder stand Konrad
vielleicht selbst unter gewissen Handlungszwängen, hatte er doch dem Askanier
116 Vgl. etwa KELLER, Zwischen regionaler Begrenzung..., S. 205: »Doch Konrad wurde der Kon-
flikte, die er mit der Achtung Heinrichs des Stolzen ausgelöst hatte, während seiner ganzen Re-
gierungszeit nie wirklich Herr.«
117 Zu den Auseinandersetzungen mit Welf VI. vgl. vor allem FELDMANN, Herzog Welf VI. und sein
Sohn, S. 13-29; HEcnBERGER, Staufer und Welfen, S. 18-38, 98-104.
118 Zum sogenannten »staufisch-welfischen Gegensatz« vgl. oben S. 97f. mit Anm. 80.
119 Vgl. BosHOF, Staufer und Welfen, S. 320f.: »Ihm [sc. Heinrich dem Stolzen] ging es schon längst
nicht mehr um die Krone, jetzt kämpfte er um die Behauptung seiner beiden Herzogtümer
Bayern und Sachsen.«
120 Anders interpretiert dies ALTHOFF, KonAiktverhalten, S. 74, der in der »Weigerung Heinrichs
des Stolzen, Konrad III. nach dessen ein wenig handstreichartiger Erhebung als König anzuer-
kennen«, überhaupt erst den Auslöser der Auseinandersetzungen sieht.
121 Historia Welforum, c. 24, S. 46. Vgl. dazu BosHOF, Staufer und Welfen, S. 321; VoLLRATH, Für-
stenurteile, S. 47f., 51 f.
122 So geht etwa NiEDERKORN, Der Prozeß, S. 82, zwar von einer »angestrebte[n] Niederringung
Heinrichs des Stolzen« aus, fragt aber nirgends nach den Gründen Konrads III., da sie ihm wohl
vor dem Hintergrund eines angenommenen ^staufisch-welfischen Gegensatzes< auf der Hand
zu liegen scheinen.
123 Diese Schlußfolgerung, die Heinrich dem Stolzen gewissermaßen die Schuld selbst zuweist und
den Staufer mit Handlungszwang entschuldigt, möchte Otto von Freising sowohl in seiner
Chronik als auch in den Gesta nahelegen: Chronik VII, c. 22, S. 344 (Zitat wie Anm. 37); Gesta
Frederici I, c. 24, S. 168: QMah'fer nero Heinn'cMS dMX Non'corMm predicfe SMMWah'om' pn'ncipis con-
tradixen'f... Dieser Deutung scheint auch die moderne Forschung teilweise gefolgt zu sein, etwa
BosHOF, Staufer und Welfen, S. 325; NEUMEISTER, Konrad III., S. 152.