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Bock, Nils; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0234

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Vom Turnier zur Diplomatie

233

für Verhandlungen war Geleit unverzichtbar für die Partner, um den Aus-
tausch von Gesandten und damit die eigentlichen Gespräche überhaupt erst
beginnen zu können. Dabei stellt die Gewährung von Geleit bereits einen ei-
genen Gegenstand von Vereinbarungen dar, bevor die diplomatisch-
politischen Verhandlungen begannen. Vor diesem Hintergrund kann das Aus-
senden eines Herolds mit Geleit zu fürstlichen Adressaten, wie im zuvor ge-
nannten Fall des Herolds Ungarland, als klare Aufforderung zu Gesprächen
verstanden werden.703
Zusammenfassen lassen sich die hier vorgetragenen Ausführungen anhand
des bekanntesten Beispiels von Geleit durch einen Herold im römisch-
deutschen Reich. Im Jahr 1523 wurde Martin Luther während der gesamten
Reise und seines Aufenthaltes auf dem Reichstag von Worms durch den
Wappenkönig Teutschland, Caspar Sturm, begleitet. Auch bietet es einen Ein-
blick in die Verhandlungen um die Schutzzusage. So sollte nach Auskunft des
päpstlichen Nuntius Luther zunächst nur einen Geleitbrief von einem Boten
erhalten. In Verhandlungen, die dem Vertreter des Papstes verborgen blieben,
einigte man sich einige Tage später darauf nun einen Herold zu senden und
zusätzlich den Inhalt des Geleitbriefes zu modifizieren.704 Gleichzeitig hat
Friedrich III. von Sachsen seine Räte angewiesen für die Unversehrtheit des
königlichen Herolds zu sorgen.705

Gäste sind zahlreich und bilden den Hauptteil ihrer diplomatischen Missionen; vgl. SI-
MONNE AU, Grandeur, S. 81-83.
703 Vgl. KlNTZINGER, Cum salvo conductu, S. 348-349. Gründe hierfür können auch Unruhen
sein, wie das Beispiel eines englischen Herolds im Jahr 1501 zeigt, der um Geleit für eine eng-
lische Gesandtschaft bei Maximilian I. bat, da er aufgrund der englischfeindlichen Stimmung
unter den Reichsständen mit Gefahren rechnete; Regesta Imperii XIV, Nr. 12648. Freies Geleit
konnte auch von einem Verhandlungspartner für den anderen bei einem Dritten beantragt
werden, wenn dies für die eigene Sache nützlich sein konnte.
704 (15.03.1521) Ich wende mich nun zu den seit jenem letzten Brief vorgefallenen Ereignissen, ew.
Herrlichkeit werden wissen, daß schon seit sechs Tagen ein Kurier des Kaisers an Luther abgehen soll-
te mit einem Geleitsbriefes, dessen Fassung bei jedermann die Vermutung hervorrief, daß Luther nicht
kommen würde; aber ich weiß nicht, wie es kam, seit vier Tagen hat man beschlossen nicht einen ge-
wöhnlichen Reitenden, sondern einen Herold zu senden und hat den Wortlaut des Geleitsbriefs abge-
ändert, doch habe ich durchaus kenien Abschrift davon erlangen können. Die Depeschen des Nun-
tius Alexander vom Wormser Reichstag 1521, hg. von Peter Kalkoff, Halle 1886 (Schriften
des Vereins für Reformationsgeschichte, 17-22), Nr. 14, S. 93. Über den weiteren Verlauf der
Reise, den Aufenthalt und die Abreise bereichtet der Nuntius ebenfalls; siehe Ebd., Nr. 14,
S. 99; Nr. 17, S. 125-126 und 131; Nr. 23, S. 168. Über das angeblich parteiliche Verhalten des
Herolds zugunsten Luthers siehe auch Briefe, Depeschen und Berichte über Luther vom
Wormser Reichstag 1521, hg. von Paul Kalkoff, Halle 1898 (Schriften des Vereins für Re-
formationsgeschichte 58-61), Nr. 3, S. 29. Weitere Berichte über die Aktivität des Herolds
finden sich in Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe, Bd. 2, Nr. 79, S. 540-569; Nr. 210,
S. 886-892, hier S. 891; Nr. 221, S. 904-907, hier S. 906.
705 (12.03.1521) Liebn getrewen und Rat, Roejmisch] /cßj/[serliche] M[ajes]t[ät] erfordert bey geinwer-
tigen yrer Mt. Eerhold Caspar Storm genanndt Tewtzschland d. Martinim luhter alher gein wormbs
zu komen, dem sein kay. Mt. auch ein schriftlich geleit zuschickt, deßgleichen wir auf kr. Mt. begeren
auch thun. Derhallm ist unser Gere, Ir welet verschaffen, daz gegen dem sellm Ernhold nichts beswer-
lichs mit Worten, werken, noch in keinerlei gestalt für genommen werd. Und wu er es begert oder ir für
nod ansehen werd, so wellent ime leut zuschicken, ime auch kai. Mt. zu eren und gefallen ausrichtung
zu tun bestellen, dz wolten wir euch gnediger meynung nit verhalten, und geschieht uns daran zu ge-
fallen. Neues Urkundenbuch zur Geschichte der evangelischen Kirchen-Reformation, hg. von
 
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