Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bock, Nils; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0256

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Herolde und adlige Konflikte

255

und Rudolf Inntal, Herold Herzogs Friedrich IV. von Österreich [sic]. Vor dem
Hintergrund ihrer Zugehörigkeit zu fremden Herren wird verständlich, wa-
rum auch in ihren Instruktionen auf ihre Verpflichtung zur Wahrhaftigkeit im
Amtseid, als Mittel der Realisierung eines Status der Unparteilichkeit der He-
rolde, abgehoben wird.769
In der gleichen Weise entspannte sich der Konflikt bis in das Jahr 1421.
Auch ein fürstlicher Vermittlungsversuch konnte den Konflikt nicht bereini-
gen. Verfolgte Ludwig der Bärtige eigentlich das Ziel den Koalitionspartner
seines Vetters und Rivalen, Heinrich XVI. von Bayern-Landshut, auszuschal-
ten, so erreichte er tatsächlich das Gegenteil, indem die Koalitionäre zusam-
menarbeiteten und ihm im sogenannten Bayerischen Krieg (1420-22) eine
Niederlage zufügten.770
Es lässt sich festhalten, dass Ludwig der Bärtige Friedrich I. beschuldigte,
keine Ehre zu haben und ihm vorwarf, dass man dessen Wort kein Vertrauen
schenken dürfe. Der bayerische Herzog versuchte also die vorgebliche Ursa-
che des Konflikts in Form der Zurückzahlung des Darlehns semantisch zu
einem Konflikt um die Ehre des Hohenzollern zu erweitern. Innerhalb der
gesellschaftlichen Strukturen des Mittelalters waren dies schwere Anschuldi-
gungen, die Ludwig der Bärtige auch an die adlige Öffentlichkeit als Raum
der Verhandlung von sozialer Anerkennung und Zugehörigkeit weiterleitete
und damit die Fähigkeit des Hohenzollern zur Interaktion direkt angriff. Das
war mehr als nur eine „Komödie", „Farce" oder eitles Gehabe, es war ein „ge-
fährliches Spiel mit dem Feuer", das zeigt in welchem Maße die politische
Realität von der Vorstellungswelt des Adels beeinflusst war.771 Für die spezifi-
sche Formalisierung der Kommunikation entlang des adligen Ehrencodex
waren die Herolde das geeignete Instrument der Umsetzung und Veröffent-
lichung. Während der Markgraf den vom bayerischen Herzog ausgesandten
Herold Johann Holland mehrfach für befangen hielt, verteidigte Ludwig der
Bärtige ihn unter Verweis auf seinen Amtseid. Man erkennt zwar, dass die
Aussage eines Herolds nicht ignoriert werden konnte und der bayerische Her-

769 Codex diplomaticus Brandenburg, Bd. 3,1, hg. von Riedel, Nr. 95, S. 148-149.
770 Glasauer, Herzog Heinrich XVI., S. 159-194.
771 In Inspiration und Abgrenzung zugleich zu HUIZINGA, Herbst, S. 108. Vgl. MOEGLIN, Fürstli-
che Ehre und Prietzel, Kriegführung, S. 300. Das vorliegende Beispiel zeigt zugleich exemp-
larisch die Gefahr durch Zweikampfaufforderungen einen Brand auszulösen, da der Konflikt
zwischen Ludwig VII. und Friedrich von Brandenburg diese Ausweitung der Eskalation dar-
stellt. Am Anfang stand nämlich eine weitere Herausforderung, die bereits auf dem Kon-
stanzer Konzil zwischen den beiden Protagonisten des vorliegenden Streits, Ludwig VII. und
Heinrich XVI., ausgetauscht wurde. Zuvor hatte König Sigmund versucht diesen Konflikt
durch einen Schiedsspruch vom 19.10.1417 beizulegen, woraufhin sich die beiden Herzoge
beschimpften und sich gegenseitig öffentlich herausforderten. Dabei blieb es aber nicht, weil
Heinrich seinem Gegner auf dem Heimweg auflauerte und Ludwig mit dem Schwert schwer
verletzte. Da Heinrich zu diesem Zeitpunkt bereits mit Hohenzollern verbündet war, konnte
er durch dessen Ein wirken bei Sigmund und eine geschickte Argumentation vor dem Hofge-
richt die Verhängung der Reichsacht über den Ingolstädter abwenden. Damit zog er sich die
Feindschaft Ludwigs des Bärtigen zu, die im behandelten Briefwechsel ihren Ausschlag fin-
det; Rudolf III. Markgraf von Rotteln und andere. Rötteler Chronik 1376-1432, hg. von Klaus
SCHUBRING, Lörrach 1995, S. 148 und hierzu GLASAUER, Herzog Heinrich XVI., S. 159-194.
 
Annotationen