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Bock, Nils; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0258

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Herolde und adlige Konflikte

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lenden Beispielfälle. Hier sollen zunächst die sie betreffenden Ladungsmodali-
täten nach gezeichnet werden.773 In einem hof gerichtlichen Weistum von 1434
heißt es dazu,774 dass einem Reichsfürst in Fällen, die sein leib, ere oder die leben
dez furstentumbs anbetreffen, die erste Ladung bei einem fürsten, er sei geistlich
oder wertlich, oder bei einem gefursten abt zu übermitteln sei, was als Zugeständ-
nis des Ranges des Betroffenen angesehen werden kann. Die zweite und dritte
mogen im antwuerten ein graf Herr, ritter oder knecht, der des reichs man sind. Bei
kleineren Anklagepunkten konnte die Vorladung direkt durch einen nieder-
rangigeren Boten geschehen. Bezüglich der Ladungsfristen lässt sich keine
einheitliche Praxis des Hofgerichts feststellen, wobei ein bis zwei Monate als
Mindestfristen zwischen den jeweiligen Ladungen ausgemacht werden kön-
nen.775 Wurden sie missachtet, traf die betroffene Partei automatisch eine
Schuld, wovon die Ehre des Betroffenen nicht unberührt blieb.
Wurde die Acht ausgesprochen, enthielt die Verkündigungsformel ein An-
griff sgebot, das auf eine Verbindung mit dem Verfahren der Absage hin weist,
da sie praktisch eine kraft königlicher Autorität erlaubte Befehdung des Ach-
ters bedeutete. Die Schirmer (Unterstützer) eines solchen Verfahrens konnten
vom Kläger, beispielsweise der König bzw. Kaiser stellvertretend für den oder
die Geschädigten, zu einer Absage gegenüber dem Beklagten aufgefordert
werden.776
Als Mittel zur Friedenssicherung war die Acht zugleich eine symbolische
Konkretisierung der kaiserlichen Majestät. Die Fokussierung auf sie war als
Fixpunkt der für die Rechtsfigur der Reichsacht notwendige allgemeine Kon-
sens der Rechtsgenossen, der notwendige Garant für die soziale Achtung und
Isolierung des Beklagten. Hierin manifestiert sich das rein personell struktu-
rierte Herrschaftsgeflecht des mittelalterlichen Reichs. In der klassischen Posi-
tion als oberster Richter und Ursprung allen Rechts steht der Amtskörper des
Königs im Mittelpunkt dieses Verfahrens, wodurch die für die Umsetzung des
Verfahrens instrumentalisierten Mittel mit dem Herrschaftsträger assoziiert
und zu seinen Repräsentanten werden.
Vor diesem Hintergrund wurde die Reichsacht auch auf das Verdikt der
Missachtung der kaiserlichen Autorität, den Rechtstatbestand des crimen laesae
maiestatis, angewandt. Zur Legitimation der Reichsacht war es an ein Verfah-
ren gebunden, was der Einhaltung bestimmter Formalia bedurfte. Dies galt
insbesondere für eine frist- und formgerechte Ladung. Innerhalb dieses Rah-
mens war es aber möglich, das Rechtsmittel der Klage wegen Majestätsverlet-
zung zur Vermittlung weiterer Inhalte zu nutzen.777

773 Battenberg, Reichsacht, S. 249-291.
774 Zitiert nach Ebd., S. 258-259.
773 Ebd., S. 259-261.
776 Beispielweise gebot im Jahre 1434 Kaiser Sigmund im Fall der Stadt Regensburg den anderen
Ständen des Reichs, den Schirmern, dem in die Reichsacht gesprochenen Herzog Ludwig
VII. von Bayern-Ingolstadt bis zu einem bestimmten Termin Absagebriefe zuzusenden. Eine
Woche später hätten sie sich dann im kaiserlichen Heerlager einzufinden gehabt. Vgl. Ebd.,
S. 373.
777 Ebd., S. 236-248.
 
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