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Bock, Nils; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0271

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270

Medium adliger Kommunikation

lässt sich nur durch die Anwendung adliger Wertvorstellungen erklären, al-
lerdings vermittelt diese Geste aufgrund der sehr großen Wertangaben und
vor dem Hintergrund der Ausrichtung der Chronik den Eindruck, als ob der
Autor Karl den Kühnen als maßlos, hochmütig und verschwenderisch charak-
terisieren wollte. Diese Deutung setzt zeitgenössische Erfahrungswerte und
Vorstellungen voraus, welche die Herolde im römisch-deutschen Reich als
Überbringer von Kriegserklärungen selbst formulierten.
7.5 Die Aufforderung zur Schlacht
Hatte sich ein Konflikt entzündet und die Parteien engagierten sich über die
Abgabe einer Herausforderung hinaus auch tatsächlich mit militärischen Mit-
teln, so konnte eine Aufforderung zur Schlacht überbracht werden. Eine sol-
che enthielt stets einen Vorschlag für Tag und Ort des Kampfes oder die Ein-
ladung diesbezüglich Wünsche zu äußern. Auf diese Weise sollten gleiche
Bedingungen hergestellt werden, was mit dem Ausschluss eines taktischen
Vorteils für eine Partei einher ging. Durch die hohe Ähnlichkeit zu anderen
Formen der Herausforderung wurden ab den 1330er fahren in Westeuropa
auch Herolde mit der Übergabe von Aufforderungen zu Schlachten betraut.809
Die Funktion einer Herausforderung zur Schlacht konnte auch auf der
Grundlage ähnlicher Aufforderungen in der Provokation des Gegners ausge-
drückt werden. Man ging häufig nicht davon aus, dass der Kontrahent auf die
Herausforderung eingehen und sich zur Schlacht stellen werde. Vielmehr
sollte auf den Gegner Druck ausgeübt werden, um sein Ausweichen als feige
und sich selbst als moralischen Sieger darzustellen. Ähnlich wie bei der Re-
zeption der Kriegserklärung galt es für den Herausgeforderten trotz taktisch
ungünstigerer Lage, die eine Annahme der Schlacht eigentlich unmöglich
machte, diese nicht als Beleidigung anzusehen und eine aggressiv formulierte
Antwort zu geben, sondern sich einen gewissen Humor zu wahren und der
Tugend der Großzügigkeit gegenüber den Boten zu entsprechen. Dies galt
auch für Herausforderungen, die abgesandt wurden, obwohl sich die Gegner
bereits zum Kampf versammelt hatten und einander gegenüber standen. Auch
hier versucht sich die herausfordernde Partei mitunter durch die Provokation,
einen moralisch-psychologischen Vorteil zu verschaffen, worauf es galt mit
Contenance zu reagieren.810
Der adlig-ritterliche Verhaltenscodex gab also auch bei der Aufforderung
zur Schlacht und ihrer Beantwortung gewisse Formen vor, die eingehalten

809 Zur Schlachtaufforderung siehe Prietzel, Kriegführung, S. 308-312. Bekanntestes Beispiel in
Westeuropa ist die Aufforderung, die Heinrich V. von England vor der Schlacht von Azin-
court durch französische Herolde im Jahr 1415 erhielt. Vgl. zur Kampagne von 1415 Juliet
BARKER: Agincourt. The king, the campaign, the battle, London 2005 und Anne CURRY: Agin-
court. A New History, Stroud 2006.
810 Siehe die Beispiele bei Huizinga, Herbst, S. 104; Prietzel, Kriegführung, S. 309-310 oder
speziell die Schlacht bei Bulgnéville im Jahr 1431: Bertrand Schnerb: Bulgnéville (1431).
L'État bourguignon prend en pied en Lorraine, Paris 1997, S. 80. Zu der Porm der „Hohnre-
de" siehe Cram, Iudicium belli, S. 114-123.
 
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