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Bock, Nils; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0279

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278

Medium adliger Kommunikation

eine Hochzeit festgesetzt, so wurden Herolde des römisch-deutschen Reichs
bei der Einholung der Braut auf dem Weg zu ihrem künftigen Ehemann und
beim Einzug des Brautpaares in den Ort der Vermählung eingesetzt. Das frü-
heste bekannte Beispiel, in dem Herolde zum Einsatz kamen, fand im Jahr
1418 statt und betraf die Reise Mathildes von Savoyen, Tochter des Herzog
Amadeus VIII., zu ihrem Gemahl Ludwig III. von der Pfalz. Die Einholung der
Braut - der zeremonielle Übergang der Braut von dem Familien verband ihres
Vormunds in jenen des Ehemanns - war auf einen hohen repräsentativen Ef-
fekt angelegt und sollte eine möglichst große Öffentlichkeitswirkung entfal-
ten.824 Im Fall der Mathilde von Savoyen waren es pfälzische Herolde und
Spielleute, die als Vorhut fungierten und die Braut bereits bei
Chambéry/Savoyen einholten. Die Gesandten des Pfalzgrafen Ludwigs III.
machten nur den halben Weg der Braut entgegen und holten sie in Freiburg
ab.825 Gleiches wiederholte sich im Jahr 1445, als erneut eine savoyische Prin-
zessin (Margarethe) vor ihrer Ankunft in die Pfalz ein geholt wurde. Nach der
Vermählung per procurationem in Genf am 24. Mai 1445, wo Herolde, Persevan-
ten und Spielleute ein Geldgeschenk erhielten, machte sich der Zug auf den
Weg nach Basel. Dort wurde die Braut von einer pfälzischen Abteilung in
Empfang genommen.826
Ein Indiz, das Rückschluss auf die Funktion der vorgeschalteten Einholung
der Braut durch Herolde und Spielleute im Vergleich zum rechtlich-formalen
Akt der Gesandten auf halber Wegstrecke geben kann, ist für die zweite
Hochzeit belegt. Margarethe soll sich nämlich für die Reise auf die Wand vor
ihrem Zimmer ein kurbayerisch-savoyisches Wappen haben malen lassen.827
Es wäre dies eine Vor Wegnahme der bevorstehenden verwandtschaftlichen
Verbindung und würde von dem Willen einer zeichenhaften Darstellung des
anstehenden Ereignisses zeugen. In gleicher Weise lässt sich auch die frühe
Einholung der Braut durch Wappenrock tragende Herolde und mit Wappen

ID 13090). Die Begleitung durch den Herold Pfalz lässt sich möglicherweise durch seine Ver-
bindung zur Kurpfalz durch die Frau Ludwigs I., Mechthild von der Pfalz, erklären.
824 Zur Form und formalrechtlichen Bedeutung der Einholung der Braut siehe mit umfangrei-
chem Beispielmaterial Karl-Heinz Spiess: Familie und Verwandtschaft im deutschen Hoch-
adel des Spätmittelalters. 13. bis Anfang des 16. Jahrhunderts, Stuttgart 1993 (Vierteljahr-
schrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte, 111), S. 119-128.
825 Hammes, Ritterlicher Fürst, S. 58-59. Die Überlieferung zu Hochzeiten weist auf einen all-
gemeinen Befund hin, der darin besteht, dass zu Festen und Zeremonien meist erst ab 1400
ausführliche Berichte, organisatorische Notizen und Rechnungsbücher zur Verfügung ste-
hen.
826 Item a livre aux heyraulx poursuyants, trompetes et mennestriers, et il criarent largesse les jours des
noupces [24.05.1445] de ma dame de Baviere, Xllff. Ernest CORNAZ: Le mariage palatin de Mar-
guerite de Savoie (1445-1449), Lausanne (u.a.) 1932 (Mémoires et documents publiés par la
Société d'histoire de la Suisse romande, seconde série, 15), Beilage Nr. X, S. 127 und Hammes,
Ritterlicher Fürst, S. 59-60.
827 CORNAZ, Mariage palatin. Nr. XIII, S. 131-132 und Hammes, Ritterlicher Fürst, S. 59 mit
Anm. 213. Zur materiellen Ausstattung der Braut wie der Reisegesellschaft im Allgemeinen;
vgl. Ebd., für die folgende Tiroler Hochzeit Wilhelm BAUM: Sigmund der Münzreiche. Zur
Geschichte Tirols und der habsburgischen Länder im Spätmittelalter, Bozen 1987 (Schriften-
reihe des Südtiroler Kulturinstituts, 14), S. 430-431. Zur performativen Kapazität von Wap-
pen zur Darstellung unterschiedlicher Inhalte siehe PASTOUREAU, Traité; PARA VICINI, Signes.
 
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