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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 10.1911

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Klapheck, Richard: Professor Wilhelm Kreis - Düsseldorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.24589#0013

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PROFESSOR WILHELM KREIS-DÜSSELDORF

VON DR. RICHARD KLAPHECK-DÜSSELDORF

Wilhelm Kreis gehört nicht zu jenen Revolutio-
nären, die am Ende des dahingegangenen
Jahrhunderts um jeden Preis zum Bruche mit der
historischen Baukunst drängten. Man glaubte ja auf
diesem Wege zu neuen Formen, einem neuen Stile
zu gelangen. Die Abkehr aber von allem, was
historisch entwickelt vor uns lag, hat ebenso wenig
einen neuen Stil gebracht, wie das Entleihen deko-
rativer Formen der Vergangenheit. Man hatte mit
rein äusserlichen Mitteln und ohne Rücksicht auf
das Material und seine Wirkungswerte und Gestal-
tungsprozess die neuen Bauaufgaben zu lösen ver-
sucht. Die Neueren nahmen freilich mehr Rücksicht
auf die dem Materiale eigene Technik. Aber arbei-
teten sie weniger mit rein äusserlich dekorativen
Mitteln an architektonischen Aufgaben? Sie kamen
vom Kunstgewerbe und vergassen zu oft nur, dass
Baukunst in erster Linie eine tektonische Bauform
ist, aus der heraus sich erst die äusserliche Deko-
ration als Schmuck entwickelt. Das neue Flach-
ornament gab uns noch keinen neuen Stil. V
V Wichtiger aber war es, zu der geschichtlichen
Baukunst ein neues Verhältnis zu gewinnen: nicht
äusserlich, wie früher, ihre Formenwelt zu über-
nehmen, sondern in das Werden und das Wachsen
dieser Formen, in den Arbeitsprozess vergangener
Stile, das Wesen der Baukunst als Raumkunst und
tektonische Bauform sich hineinzuleben. Die histo-
rische Baukunst will nicht archäologisch äusserlich
mit dem Verstände, sie will mit künstlerischen
Instinkten erfasst werden, so wie Hildebrand zu der
Antike und Michelangelo ein neues Verhältnis
gewann und dennoch, ohne äusserlicher Nachahmer
zu werden, von der historischen Kunst herkommend,
aus neuen Aufgaben heraus eine neue Kunst ent-
wickelte. „Als brauche man eine neue Sprache, um
etwas Neues zu sagen,“ wie Hildebrand einmal
äusserte. V

V Kreis hat die kunstgewerblich-architektonische
Entwicklung nicht mitgemacht. Als „Architekt“ war

er sich viel zu sehr bewusst, dass man gerade für
unsere neuen Bauaufgaben der Zeugen der Ver-
gangenheit nicht entbehren kann. Es ist doch jede
neue Form organisch entstanden. Ist er darum
Eklektiker? Hildebrand wäre es dann nicht weniger.
Aber spätere Geschlechter werden auf Kreis’ Mo-
numentalschöpfungen weisen als auf monumentale
Dokumente der grossen Zeit, in der wir leben. Sie
haben äusserlich wenig vom „modernen“, aber
innerlich sind sie erstanden und gewachsen aus
dem stärksten modernen Empfinden heraus. Es sind
tektonische Raumschöpfungen aus einer gegebenen
Natursituation entwickelt und äusserlich auf eine
interessante, ausdrucksvolle Form für das Auge
gestaltet. Das Architektonisch-Sachliche bleibt vor-
herrschend. Kreis war immer zunächst Architekt.

V Der Name Kreis ist in unserer Vorstellung mit

einer Reihe Monumentalschöpfungen verknüpft.
Man wird dem Künstler so indessen nicht gerecht.
Er ist von einer weit grösseren Vielseitigkeit und
weiss intime Saiten anzuschlagen, lauschige Parks
mit anmutigen Pavillons, fürstliche Repräsentations-
räume wie die intimsten und behaglichen Wohn-
räume zu gestalten und auszuschmücken, Dinge,
die man dem Monumentalgestalter nicht Zutrauen
möchte. V

V Zu zweien seiner Wohnhäuser, die in diesem
Jahre fertig geworden, ein paar Worte. Es sind
nicht einmal seine interessantesten Entwürfe. V

V In Wachwitz hat er an Stelle einer nicht weiter
ansehnlichen Anlage aus der Zeit Augusts des
Starken eine Neuschöpfung errichtet. Die alte An-
lage hatte indessen einige Reize, die Kreis nicht
aufgeben wollte. Interessante Tonnenwölbungen
der Kellereien und im Musikzimmer die Gesimse.
Zu diesen vergoldeten Stuckornamenten auf hellem
Grund war die Neugestaltung des Raumes zu
stimmen: das Relief der übrigen Gesimse ist in
vergoldetem Stuck gehalten, der sich vorteilhaft vom
Grunde abhebt. Auch die übrige Einrichtung, Möbel,

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