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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 13.1914

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Januar
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Keyssner, Gustav: Wohnhausbauten der Architekten B.D.A. Klatte & Weigle, Stuttgart
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https://doi.org/10.11588/diglit.48542#0084

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gerecht geworden sind. Die Grundrisse der ein-
zelnen Wohnungen zeigen ökonomische Ausnutzung
des Raumes und bequeme Anordnung; schon hier
haben sich die Architekten nicht durch schematische
Wiederholung die Sache leicht gemacht, sondern
mit mancherlei Varianten teils auf individuelle
Wünsche der künftigen Hausbewohner, teils auf die
Belebung des Außenbildes Rücksicht genommen.
Glücklich und abwechslungsreich ist die Grundriß-
lösung auch da, wo es galt, eine größere Zahl von
Einzelwohnungen zu einem Baukomplex zusammen-
zuziehen. In diesem Fall besonders stehen der

kungder Bauglieder: die Giebelaufsätze,der Wechsel
von Sattel- und Walmdächern, die kleinen Veranden
und Loggien, von ganz einfachen schlanken Holz-
pfeilern getragen; dann der farbige Zusammenklang
des hellen (meist gelblich, bei einigen Häusern leicht
violettgetönten)Verputzes,derweißgestrichenenFen-
stersprossen und dunkeln Schlagläden, des kräftigen
Rot der mit Biberschwänzen eingedeckten Dächer.
Die kleinen Gärten vor den Häusern, in denen
Gemüse und Blumen eng, aber in guter Nachbar-
schaft beieinander wohnen, neu angepflanzte Baum-
reihen und die alten Bäume, die von früher her auf

Grundriß und die
unlöslichem Zu-
sammenhang. Dem
Auge soll die eintö-
nige Unruhe gleich-
mäßig aneinander
gereihter ähnlicher
Wohnungen er-
spart bleiben, es
soll ihm dabei aber
nicht etwa ein gros-
ses Einfamilien-
haus vorgetäuscht
werden. Das ist
das eigentlich ar-
chitektonische Pro-
blem bei der Reih-
ung und Kombi-
nation von Klein-
wohnhäusern. Aus
seiner Erfassung
hat sich bei der Ar-
beit all der Archi-

äußere Gesamterscheinung in

dem Gelände stehen und die

Die Kolonie Falterau zu Degerloch. — Der Lageplan. Maßstab 1:2000


von den Architek-
ten mit besonderer
Sorgfalt geschont
wurden, das alles
verstärkt den an-
heimelnden Ein-
druck, für dessen
Geschlossenheit
und Harmonie aber
noch ein Moment
in Betracht kommt,
das eigentlich städ-
tebauliche: derGe-
samtgrundriß.Auch
hier ist die gute
Mitte gefunden:
Gleichgewicht,
nicht Symmetrie;
lockere, freie An-
ordnung, die doch
nie zerrissen und
verwirrt erscheint;
hübsche Gruppen-

tekten, die ihm mit Sachlichkeit und künstlerischem
Ernst nahe getreten sind, scheinbar ganz zwanglos
etwas wie ein neuer Bautypus ergeben, den
jeder einzelne Baumeister nach seiner Eigenart
und der Besonderheit seiner Aufgabe ausbilden
wird, der aber schon heute zu den Grundbestand-
teilen moderner baulicher Kultur gehört.
Wer andere Bauten von Klatte&Weigle kennt, wird
in der anscheinend durchaus sachlichen, schmuck-
losen Außenarchitektur dieser Häuser unschwer
Einzelheiten ihrer Handschrift wiederfinden, so
z. B. in dem steilen Giebelabschluß über den Fen-
stern der Dachgeschosse, der, manchmal mit
einem Abschluß in breitem, niederem Bogen ab-
wechselnd, gleichsam die Tonart des Ganzen mit-
bestimmt. Die kleinen in den Stuck eingerissenen,
farbigen Ornamente, die manchmal dies Giebel-
dreieck beleben, sind fast die einzige Verzierung
der Häuser; das, was diese so freundlich und, bei
aller Ungeschmücktheit, „schmuck“ erscheinen läßt,
sind die guten Proportionen und die bedeutsame Wir-

bilder und Durchblicke, und ein stark betonter
Mittelpunkt, geschaffen durch die Erweiterung der
die ganze Kolonie in zwei trapezförmige Teile zer-
legenden Querstraße zu einem Platzviereck, in dem
sich ein von der Bauherrschaft erstellter zierlicher
Brunnen erhebt, mit einem (von Kiemlen her-
rührenden) bronzenen Bübchen.
Diese ganze kleine Kolonie, deren fernere Er-
weiterung übrigens schon vorgesehen ist, liegt am
äußersten östlichen Ende von Degerloch, in dem
idyllischen Ramsbachtal. Von Norden tritt ein
bewaldeter Abhang bis dicht an die Häuser heran,
im Westen schließen die Häuser von Degerloch
bogenförmig den Blick ab, der nach Süden und
Osten sich freier in den ruhigen Linien der Filder-
Hochebene ergehen kann, über der aus der Ferne
die Albberge herüberschauen. Nicht minder als
die landschaftliche Umgebung, der die Kolonie sich
wie innerlich verwandt einschmiegt, kommt dem
Gesamteindruck der Kontrast zu gut zwischen der
stilistischen Einheitlichkeit dieser Häusergruppen,
 
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