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kreisen, in denen ganz schematisdie, reckteckige Füllungen ange-
bracht sincl. Besser sind einige Rautenmuster mit Rosetten oder
geometrischen Motiven, die an die Formen des Heribertschreins
erinnern; so wircl dessen gerahmte Giebelplatte fast genau wieder-
holt. Während der Dadikamm dieses Teiles cles Marienschreins
dem Giebelkamm des Karlsdhreins entspricht, ist hier auf den
Giebeln eine vereinfachte Umformung der hintereinandergestell-
ten, aufgeioIRen Blätter und Früchte gegeben, wie sie, vom
Klosterneuburger Altar ausgehend, auch die Grundform des
Giebelkammes am Annoschrein bildeten. Eine Beziehung zur
Bauornamentik weist H. Sdmitzler in der Verwandtschaft mit dem
Südportal cler Servatiuskirche in Maastricht nach217).

Von diesen schwachen Motiven hebt sich clie Ornamentik cler
anderen Hälfte cles Marienschreins deutlich ab, clie aus cler Nach-
folge der geometrischen Ornamentik des Dreikönigenschreins her-
vorgegangen ist. Meist sincl Kreismotive mit clen von clort bekann-
ten Rosetten aus kleinen, runden Blättchen gegeben. Auch der
Kamm clieser Idälfte stellt eine reiche, lebendige Ausgestaltung
der Blattformen des Dreikönigenschreins clar.

Ri der cloppelten Beziehung zu Köln und zu Maastricht ist clie
Sonclerstellung clieser Aachener Werkstatt begründet, clie sich aus
der geographischen Lage der Stadt ergibt. Zugleich zeigt dieser
ganze Befuncl, claß die Ornamente cler Aachener Schreine meist
spätere und schwächere Nachbildungen ehemals starker uncl be-
deutencler Formen sincl, so wie das Schicksal clieser ganzen Aadie-
ner Golclschmiedekunst darin liegt, claß ,,ihre Blüte in die Zeit
fällt, weldie die fortsdireitencle Auflösung cles in sich geschlosse-
nen Gebietes cler Goldsdimiedekunst erlebt“218).

Zusammenfassung des ersten Teiles.

Überblickt man im Zusammenhang clie Ornamentformen der
rheinisdien Golclschmieclekunst des 12. Jahrhunderts, so heben
sidi cleutlich einzelne Werkstattgruppen voneinander ab, unter-
schieden nadi Motiven, Beziehungen und Stil — miteinander ver-
bunclen durdi gegenseitigen Austausdi und Zusammenarbeit an
clenselben Werken. Sie stehen in enger Verbindung mit der Ge-
samtornamentik ihrer Zeit, cler Bauornamentik, Malerei, Elfen-
beinschnitzerei und Glasmalerei, mit denen sie in lebhafter
Wechselbeziehung Formen und Motive austauschen. Dabei be-
haupten die Goldsdimiecle in der Art und der Qualität ihrer
Ornamentik durchaus eine entsdieiclende Stellung im Gesamtbild
der Zeit.

217) H. Schnitzler, Die Goldßchmiedeplastik, a. a. O., S. 91.

218) H. Sclmitzler, Die spätromanische Goldschmiedebildnerei d. Aachener
Sdhreinswerkstatt, Wallraf-Ridiartz-Jahrb. IX, 1936, S. 91.

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