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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1908-1909

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Württembergische Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7712#0043
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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins.

von Bl . . . . (?), Landhofmeisters und anderer, deren Namen verloren oder verstümmelt
sind. Eine elfte gemalte Scheibe stellt dar das Familienwappen des Hofrats und
Oberamtmanns K. L. Christoph Rösle (1801). Das Dach ist neu gedeckt und der
Dachreiter (Glockentürmchen), der den Unbilden der "Witterung besonders ausgesetzt
war, wurde ganz abgetragen und durch einen neuen, um 3,50 Meter höheren ersetzt,
der nach einem Plan von Direktor Halmhuber in Köln statt des alten vierseitigen
schlichten Dächleins ein kuppeiförmiges bekam und eine Quaderimitation am Unterbau.
Der Umbau bildet eine vortreffliche künstlerische Zierde der Stadt.

Mitte Januar veröffentlichte die Kgl. Kunstgewerbeschule und in Verbindung
mit ihr die Kunstgewerbliche Lehr- und Versuchswerkstätte Stuttgart den
Jahresbericht der Schuljahre 1904 05 und 1905.....-06. Den Bericht über die Kunst-
gewerbeschule erstattete Direktor Kolb, den über die kunstgewerbliche Lehr- und Ver-
suchswerkstätte Professor Pankok. Beide gaben eingehende Mitteilungen über die
allgemeinen und die Lehrverhältnisse ihrer Anstalten und eine Statistik des Besuchs.
Die Kunstgewerbeschule hatte im "Wintersemester 1904/05 129 Schüler, im Sommer-
semester 1905 97, im "Wintersemester 1905/06 121, im Sommersemester 1906 89. Die
große Mehrzahl derselben waren "Württemberger; etwa zwei Drittel gingen aus Real-
und Lateinschulen, Progymnasien und Gymnasien hervor, ein Drittel aus Volksschulen.
In der kunstgewerblichen Lehr- und Versuchswerkstätte betrug der Besuch im "Winter-
semester 1904/05 43 Schüler, im Sommersemester 1905 40, im "Wintersemester 1905/06 69,
im Sommersemester 1906 60. Für diese gelten ungefähr dieselben Prozentsätze wie
oben, nur ist bezüglich Herkunft bei ihnen die Zahl der Nichtwürttemberger größer.

Im Altertums verein Ulm erstattete am 10. Januar Professor Dr. M. Kapff eine
Uebersicht über die in Ulm und seiner Umgebung erhaltenen plastischen Arbeiten
in Holz und Stein aus der Blütezeit der schwäbischen Kunst, aus der hervorging,
daß es nicht allzu schwer wäre, in Ulm eine höchst wertvolle Ausstellung von Kunst-
werken aus der besten Zeit und von bedeutenden Meistern zusammenzubringen. Der
Umstand, daß M. Schuette mehrere in Ulm befindliche Arbeiten — auch nicht kirch-
lichen Charakters — Hans Multscher zuschreibt, gab Veranlassung, auf die Tätigkeit
dieses Meisters besonders einzugehen, In der sich anschließenden, sehr lebhaften
Besprechung wurde auch die Frage berührt, wie weit die 1677 erfolgte Restauration
des im Bildersturm hart mitgenommenen Syrlinschen Chorgestühls durch Hurter den
ursprünglichen Charakter des "Werks beeinträchtigt haben möchte. Bibliothekar
Dr. Löckle machte die Versammlung auf zwei interessante Funde aufmerksam, die
in den letzten Tagen aus Anlaß der Erneuerung des Gestühls im südlichen Seiten-
schiff des Münsters gemacht wurden: es sind dies zwei merkwürdige Grabsteine,
der eine, stark zerstört, aber mit lesbarer Inschrift, nennt einen im Jahre 1381 ver-
storbenen Ritter Ulrich von Habsperg (Habsberg mit Habsburg bei Sigmaringen?); der
andere, ein wahres Prachtstück und tadellos erhalten, bestehend aus einer mehr als
2 Meter langen, etwa 1V2 Meter breiten und 12 Zentimeter dicken Platte von rötlichem
Adneter Marmor mit eingelegtem, mehrfarbigem "Wappen und ebensolchen Rosetten,
deckte laut Inschrift das Grab des Lux Hutz, Stifters des Schaffner- oder Hutzenaltars im
Chor, gestorben 1516; dessen Leiche wurde unter der Platte ohne Sarg, in ein grobes
Leintuch gehüllt, in Kalk eingebettet aufgefunden.

Ueber alte schwäbische Kunst begann am 15. Januar Professor Dr. H. Weiz-
säcker im Göthebund einen Vorlesungszyklus. Einleitend hob er hervor, daß der
schwäbische Boden an Denkmalen alter Kunst so reich sei, wie kaum ein anderes
Land. Und neben den großen Kunstschöpfungen finden wir zahlreiche Proben acht-
barer Handwerkstüchtigkeit, die hier mitzureden haben, wenn sie auch nicht über
ein gutes Mittelmaß hinausgehen. Das 15. und 16. Jahrhundert zeigt uns das Bild
eines gleichmäßigen und in seiner charakteristischen Eigenart in sich geschlossenen
Gebiets.
 
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