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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1908-1909

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Gradmann, Eugen: Das Schwäbische Bauernhaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.7712#0134
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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins.

Giebelseite weit vorgezogen. Der Giebel aber ist im oberen größeren Teile
abgewalmt. Diese malerische Dachform, die das Gesicht des Hauses schirmt
wie eine Gugel, kommt sonst nur in den Alpen und dem Alpenvorland vor,
in der Nordschweiz und in Steiermark und Kärnten. Sie sieht uraltertümlich
aus, scheint aber doch erst in neuerer Zeit ausgebildet. Der oben abgewalmte
Giebel ist in der Geschichte der Baukunst überhaupt nicht nachweisbar vor

25. Fachwerkhaus in Untcressendorf OA. Waldsee. Aufnahme von J. Cades.

dem 14. Jahrhundert. So ist auch die Hochtenne mit der Hocheinfahrt, die
gleichfalls in der Nordschweiz wiederkehrt, eine Einrichtung, die an älteren
Wälderhäusern fehlt, in neuerer Zeit aber sich ausbreitet. Mit den Dachvorstößen
am Giebel und der Traufe sind im Schwarzwald wie in den Alpen gern
Galerien, Laube oder Gang genannt, verbunden. In der Ausbildung der Fenster-
rahmen und -Verschlüsse, mit Läden zum Versenken oder zum Verschieben
kehrt manche Einzelheit wieder, die man an Schweizer Holzhäusern findet.
Die Vorliebe für Gruppenfenster und die Einrichtung einer verschiebbaren
Scheibe in jedem Fensterflügel, die auch in Oberschwaben noch gewöhnlich
vorkommt, sind schlechthin altertümlich, auch an städtischen alten Häusern
in ganz Deutschland nachweisbar, ein Ueberrest aus der Zeit der Fenster
ohne Flügel.

Vielbewundert ist die farbige Erscheinung der Wälderhäuser. Das Fichten-
holz, aus dem sie zumeist bestehen, nimmt, wo es vor dem Regen geschützt
ist, einen schönen zimmtbraunen und sammetweichen Ton an, an anderen
 
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