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Mitteilungen des Württembergischeii Kunstgewerbevereins.
scheint; wir nennen nur noch die ziemlich frühe Rokoko-Wandapplique aus
dem Besitze des Hofrats A. Klinckerfuß in Stuttgart (Abb. 9; Leuchterarm1
und zwei Seitenschnörkel abgebrochen; botanisch getreue Blumen in farbiger
Muffelfeuermalerei), das nette Rokokodeckeldöschen in Gelb, schmutzigem
Grün und trübem Purpur beim Legationsrat Dr. Freiherrn von König auf
Schloß Fachsenfeld (Abb. 10) und die beiden kleinen Stengelblumengefäße
(Marken B und R) mit Gehängen und Masken im Unterlinden-Museum zu
Colmar.
Alle diese Objekte müssen wir vorausschicken, wenn wir die größte und
imposanteste Arbeit von Schrezheim, zugleich eines der Hauptwerke der
deutschen Fayence-Industrie, überhaupt verstehen wollen, nämlich das groß-
artige Fayence-Tabernakel des Seitenaltares auf der Evangeliumseite der
Schrezheimer Antonius- oder Buxischen Freundschaftskapelle." Bux hatte
zwei nahe Verwandte im Franziskanerkloster „Unsere liebe Frau beim heili-
gen Blut" in Neukirchen im Bayrischen Wald nächst Furth und zwar seinen
Bruder Joh. Baltasar,3 mit dem Klosternamen Theobald Bux aus Schrezheim
( f 1769), und einen Andreas Avellinus Bux aus Ellwangen (f 1756), von denen
er eine holzgeschnitzte Madonnenfigur erhielt, nämlich die Nachbildung der
wundertätigen Neukirchner Madonna mit dem Säbel im Kopf.1 Für diese
galt es nun eine würdige Umrahmung herzustellen, die sowohl der nicht geringen
Frömmigkeit der Familie Bux, als auch der bereits erreichten Leistungsfähigkeit
der Schrezheimer Fayencefabrik ein glänzendes Zeugnis ausstellen sollte. Dies
ist auch vollständig gelungen (Abb. 11 und 12). Die Madonnenfigur ist aus Holz
und scheidet daher für unsere Betrachtungen aus. Umso größere Bewunderung
verdient das gewaltige Fayence-Tabernakel, das aus elf großen Einzelstücken,
die mit Gips zusammengefügt sind,
besteht, abgesehen von den zuge-
hörigen losen Stücken, nämlich den
beiden großen Leuchtern für je
zwei Kerzen, den beiden stehenden
Engeln und den beiden Vasen. '
1 An dessen Stelle ein auch schon dem
18. Jahrhundert angehöriger, flacher Mes-
sing-Delphin als Kerzenträger.
2 Eine kleine Abbildung in Paulus-
Gradmann, Kunst- und Altertumsdenkmale
im Königreich Württemberg III, I. Seite 175.
;! Liebenswürdige Auskunft des Herrn
Stadtpfarrers O. Fuchs in Ellwangen.
1 Vergleiche Dr. K. Kurtz: Die Rokoko-
Madonna in der Kapelle zu Schrezheim,
in der Besonderen Beilage des Staats-
anzeigers für Württemberg vom 28. Juni 1907,
Seite 123 ff. — Die Madonna gehört natür-
lich nicht der Rokokozeit an; gemeint ist
das Rokoko-Tabernakel von Schrezheim,
das sie umschließt; auch ist die Madonna
nicht aus Fayence, sondern (neu) bemaltes
Holz.
6 Weitere lose Teile, darunter ein Kruzi-
fix, das die Krönung gebildet haben soll
und zwei daneben kniende Engel sollen
um 1884 von der Familie Mettmann um
300 Mark verkauft worden sein und sind
Abb. 13. Kleiner Putto-Aufsatz. Stuttgart; Larides-Gewerbemuseum. heute verschollen.
Mitteilungen des Württembergischeii Kunstgewerbevereins.
scheint; wir nennen nur noch die ziemlich frühe Rokoko-Wandapplique aus
dem Besitze des Hofrats A. Klinckerfuß in Stuttgart (Abb. 9; Leuchterarm1
und zwei Seitenschnörkel abgebrochen; botanisch getreue Blumen in farbiger
Muffelfeuermalerei), das nette Rokokodeckeldöschen in Gelb, schmutzigem
Grün und trübem Purpur beim Legationsrat Dr. Freiherrn von König auf
Schloß Fachsenfeld (Abb. 10) und die beiden kleinen Stengelblumengefäße
(Marken B und R) mit Gehängen und Masken im Unterlinden-Museum zu
Colmar.
Alle diese Objekte müssen wir vorausschicken, wenn wir die größte und
imposanteste Arbeit von Schrezheim, zugleich eines der Hauptwerke der
deutschen Fayence-Industrie, überhaupt verstehen wollen, nämlich das groß-
artige Fayence-Tabernakel des Seitenaltares auf der Evangeliumseite der
Schrezheimer Antonius- oder Buxischen Freundschaftskapelle." Bux hatte
zwei nahe Verwandte im Franziskanerkloster „Unsere liebe Frau beim heili-
gen Blut" in Neukirchen im Bayrischen Wald nächst Furth und zwar seinen
Bruder Joh. Baltasar,3 mit dem Klosternamen Theobald Bux aus Schrezheim
( f 1769), und einen Andreas Avellinus Bux aus Ellwangen (f 1756), von denen
er eine holzgeschnitzte Madonnenfigur erhielt, nämlich die Nachbildung der
wundertätigen Neukirchner Madonna mit dem Säbel im Kopf.1 Für diese
galt es nun eine würdige Umrahmung herzustellen, die sowohl der nicht geringen
Frömmigkeit der Familie Bux, als auch der bereits erreichten Leistungsfähigkeit
der Schrezheimer Fayencefabrik ein glänzendes Zeugnis ausstellen sollte. Dies
ist auch vollständig gelungen (Abb. 11 und 12). Die Madonnenfigur ist aus Holz
und scheidet daher für unsere Betrachtungen aus. Umso größere Bewunderung
verdient das gewaltige Fayence-Tabernakel, das aus elf großen Einzelstücken,
die mit Gips zusammengefügt sind,
besteht, abgesehen von den zuge-
hörigen losen Stücken, nämlich den
beiden großen Leuchtern für je
zwei Kerzen, den beiden stehenden
Engeln und den beiden Vasen. '
1 An dessen Stelle ein auch schon dem
18. Jahrhundert angehöriger, flacher Mes-
sing-Delphin als Kerzenträger.
2 Eine kleine Abbildung in Paulus-
Gradmann, Kunst- und Altertumsdenkmale
im Königreich Württemberg III, I. Seite 175.
;! Liebenswürdige Auskunft des Herrn
Stadtpfarrers O. Fuchs in Ellwangen.
1 Vergleiche Dr. K. Kurtz: Die Rokoko-
Madonna in der Kapelle zu Schrezheim,
in der Besonderen Beilage des Staats-
anzeigers für Württemberg vom 28. Juni 1907,
Seite 123 ff. — Die Madonna gehört natür-
lich nicht der Rokokozeit an; gemeint ist
das Rokoko-Tabernakel von Schrezheim,
das sie umschließt; auch ist die Madonna
nicht aus Fayence, sondern (neu) bemaltes
Holz.
6 Weitere lose Teile, darunter ein Kruzi-
fix, das die Krönung gebildet haben soll
und zwei daneben kniende Engel sollen
um 1884 von der Familie Mettmann um
300 Mark verkauft worden sein und sind
Abb. 13. Kleiner Putto-Aufsatz. Stuttgart; Larides-Gewerbemuseum. heute verschollen.