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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 45.1918-1921(1921)

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Zedler, Gottfried: Kritische Untersuchungen zur Geschichte des Rheingaues
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Die Bleidenstädter Traditionen
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I. Der Pfarrbezirk Oestrich
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1. Oestrich
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https://doi.org/10.11588/diglit.60615#0030

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I. Der Pfarrbezirk Oestrich

gewisse Beschränkungen auferlegen müssen, die letzten Endes in der Zerrissen-
heit der Mainzer Geschichtsquellen begründet sind, über die einen vollständigen
Überblick sich zu verschaffen heute noch dem einzelnen unmöglich ist. Es
leuchtet aber ein, dass für das Gelingen einer Arbeit, wie der vorliegenden,
eine Kenntnis der überhaupt vorhandenen Quellen nicht selten die notwendige
Vorbedingung ist. Wer Bodmanns Werk kennt, wer weiss, dass dieser neben
einer übergrossen Zahl gefälschter Urkunden die gründlichste und umfassendste
Kenntnis aller hier einschlägigen echten Urkunden besass, die er, wie jene,
bald im vollen Wortlaut, bald in kürzeren oder längeren Auszügen, nicht selten
aber auch nur dem Hauptinhalt nach seinen Lesern bekannt gibt, dem braucht
nicht erst gesagt zu werden, dass mit einer umfassenden Kritik Bodmanns
hier nur erst der Anfang gemacht werden konnte. Erst wenn einmal die noch
vorhandenen echten Quellen, die Bodmann benutzt hat, in ihrer Gesamtheit
wieder ans Licht gebracht worden sind, kann das hier begonnene Unternehmen
zum Abschluss gebracht werden. Wenn ich andererseits bisweilen über das
Gebiet der rheingauischen Geschichte hinausgegriffen habe, so lag dazu in der
Notwendigkeit einer geschlossenen Beweisführung jedesmal ein triftiger Grund vor.
I. Der Pfarrbezirk Oestrich.
1. Oestrich.
Oestrich bildete im Mittelalter mit Winkel und Mittelheim lange eine ein-
zige Orts- und Kirchengemeinde unter der gemeinsamen Bezeichnung Winkel.
Die im späteren Oestrich gelegene Kirche Winkels war die älteste Pfarrkirche
des Rheingaus. Das geht unzweideutig hervor aus ihrer Stellung im späteren
Landkapitel Rheingau, in dem sie die Würde der Mutterkirche einnimmt. In
Oestrich ist deshalb der Sitz des Erzpriesters, der später freilich seinen Wohn-
sitz als Pfarrer einer anderen Gemeinde auch ausserhalb Oestrichs haben
kann, aber den Titel Archipresbyter sedis Oestrich führt (Zaun S. 4). Die
Oestricher Kirche ist demgemäss dem heiligen Martin, dem Schutzpatron des
Mainzer Erzstiftes, geweiht. Diese Kirche gelangte nach einer Notiz in den
Kapitelsprotokollen des Mainzer St. Viktorstifts zum Jahre 1493 (Bodmann
S. 85, Anm. a) schon unter dem Erzbischof Willigis in den Besitz dieses Main-
zer Stifts, dessen Propst der Zehnte und die Besetzung der Pfarrei zustand.
Die Pröpste vergaben die Pfarrei zunächst nach freiem Ermessen. Im
Jahre 1219 trat darin insofern eine Änderung ein, als der Erzbischof Sieg-
fried II. bestimmte, dass der vom Propst zu präsentierende Pfarrer in Zukunft
aus den Stiftsgeistlichen genommen werden solle, und wenn dieser nicht an-
nehme, beide, Propst und Kapitel, je einen Stiftsgeistlichen und je einen Priester
ausserhalb des Stifts bestimmen und diese vier dann gemeinsam einen Stifts-
geistlichen erwählen sollten; erst, wenn auch dieser ablehne, solle der Propst
nach seinem Belieben einen Geistlichen präsentieren dürfen, der jedoch in jedem
Falle im Orte zu wohnen habe. Während in der darüber ausgefertigten Ur-
kunde (Sr 361) die Kirche noch als die zu Winkel bezeichnet wird, nennt die
 
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