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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 45.1918-1921(1921)

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Zedler, Gottfried: Kritische Untersuchungen zur Geschichte des Rheingaues
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I. Der Pfarrbezirk Oestrich
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5. Hallgarten und Reichartshausen
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II. Der Pfarrbezirk Eltville
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1. Eltville
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https://doi.org/10.11588/diglit.60615#0128

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108

II. Der Pfarrbezirk Eltville

Linie gestellt wird, nimmt es auch hier zweifellos den Rang eines solchen ein,
eine Vorstellung, die sich mit der sonstigen Überlieferung nicht vereinigen
lässt. In der Urkunde von 1152 kann aber mit den Worten in Richardeshusin
kein Dorf bezeichnet sein, weil sonst die Begründung des Güteraustausches —
hac videlicet occasione, ut predicti fratres nostri a tumultu hominum sequestrati
liberius sue professioni vacare et intendere valeant — in der Luft schwebte. Denn
wenn Reichartshausen ein auch noch so unbedeutendes Dorf gewesen wäre,
so hätte doch, was Ruhe und Abgeschiedenheit des Ortes betraf, der Unter-
schied von dem damaligen Winkel nicht weiter gross in Frage kommen können.
Es ist bemerkenswert, dass der Hof Reichartshausen, wie Bär
(Beitr. II, 136) ausdrücklich bemerkt, im oculus memoriae im Unterschied von
den in Dörfern oder Städten liegenden Höfen nicht als curtis in Richardeshusin^
sondern einfach als curtis Richardeshusin bezeichnet wird. So ist es auch in
späteren Urkunden 1241 (Bär, Beitr. II, 285; Sr 497) und 1244 (Sr 513).
Die Urkunde von 1233 (Rossel I, 290; Sr 448), in der ein-fr ater helfricus
quondam magister in ricarthufen vorkommt, steht damit nicht in Widerspruch,
dagegen passt dazu nicht die Urkunde von 1286 (Rossel II, 308; Sr 1058),
in der der Eberbacher Hof curtis in Richardeshufen genannt wird. In dieser
Urkunde handelt es sich um einen zwischen dem Viktorstift und dem Kloster
durch Schiedsspruch zu schliessenden Vergleich in Betreff des Zehnten von
Ölplantagen in Reichartshausen. Die Echtheit dieser Urkunde anzugreifen,
geht nicht wohl an. Auch zeigt das von einer Hand des 16. Jahrhunderts
geschriebene Indorsat der Urkunde von 1144 (Sr 207): net curia nostra in
Reicharthausen etc“, dass ein solcher Fall nicht ganz vereinzelt dasteht. Da
sich die Verhältnisse inzwischen nicht geändert hatten und dementsprechend,
wie schon die Epitome archivii S. Victoris S. 248 lehrt, auch im 16. Jahr-
hundert die Bezeichnung curia Reichartshausen das übliche ist, so lassen sich
jene Abweichungen im Ausdruck nur dadurch erklären, dass man annimmt,
dass der in dem Wort selbst liegende Ortsbegriff dazu die Veranlassung gegeben
hat, gerade so, wie er Schott auf ein dort früher vorhandenes Dorf schliessen liess.
Auf die Urkunden, die den Mapperhof betreffen, der auch noch zum Be-
reich der Winkel-Oestricher Kirche gehörte, werden wir bei der Untersuchung der
Urkunden der Abtei Eberbach näher eingehen, während das ebenfalls dahin
gehörige Dorf Gladenbach unter den überhöhischen Dörfern behandelt wird.
II. Der Pfarrbezirk Eltville.
1. Eltville.
A. Der Ortsname nebst einem Exkurs über vier Disibodenberger Urkunden.
Der obere Teil des Rheingaus hat seinen kirchlichen Mittelpunkt in
Eltville. Wenden wir uns jetzt diesem Eltviller Pfarrbezirk zu, so müssen
wir uns zuerst mit der merkwürdigen Erscheinung auseinandersetzen, dass Eltville
urkundlich bis in das 13. Jahrhundert hinein als einziger von allen Rheingau-
orten meist unter einer völlig lateinischen Bezeichnung als Alta villa vorkommt.
 
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